Kabelbrände verhindern
Als die routinemäßige Überprüfung der Elektroinstallation im Carolus-Magnus-Gymnasium Übach-Palenberg bei Aachen Handlungsbedarf erkennen ließ, machten die technischen Verantwortlichen der nordrhein-westfälischen Gemeinde keine Kompromisse und entschieden sich für die große Lösung: Im Sommer 2016 wurden deshalb nicht nur Verteilungen und Zuleitungen komplett erneuert, sondern auch alle herkömmlichen Leitungsschutzschalter durch innovative Brandschutzschalter in Kombination mit Leitungsschutzschalter ersetzt. Mit rund 320 der VDE 0100-420-konformen Schutzgeräte gehört die Installation zu den deutschlandweit größten ihrer Art.
Das Carolus-Magnus-Gymnasium (CMG) ist im besten Sinne eine Schule wie viele andere: Unterrichtet von gut 50 Lehrkräften, bereiten sich dort rund 690 Schülerinnen und Schüler auf Abitur, Fachhoch- und Fachoberschulreife oder den mittleren Bildungsabschluss vor. Und noch etwas hat das CMG mit vielen anderen Schulen gemeinsam: Das Gebäude ist vor ca. 50 Jahren erbaut worden.
Modernisierung der Verteilungen
Regelmodernisierungen und zyklische technische Überprüfungen gewährleisten den sicheren Betrieb des funktionalen Baus. So belegte zuletzt eine routinemäßige Untersuchung der Elektroinstallation gemäß DGUV Vorschrift 3 die generelle Funktionsfähigkeit der elektrischen Leitungen in dem Bestandsbau. Gleichzeitig zeigten die Prüfergebnisse und Messprotokolle der ausführenden Fachfirma e-Line GmbH Elektro- und Anlagentechnik aus Baesweiler erheblichen Handlungsbedarf im Bereich der Verteilungen: „Uns war schnell klar, das kann nicht so bleiben“, so Michael Göttgens, Geschäftsführender Gesellschafter von e-line.
Dieser Einschätzung folgten auch die technischen Entscheider in der Stadtverwaltung von Übach-Palenberg und beauftragten Michael Göttgens und seine Mannschaft mit der Umsetzung der erforderlichen Maßnahmen. In der Folge baute e-line während der Sommerferien 2016 alle 13 Verteilungen im Gebäude inklusive der Zuleitungen neu auf. Zur Sicherung von Fluchtwegen erhielten einige Verteilerschränke zudem neue, brandsichere Einhausungen mit E30-Brandschutztüren, die einem potentiellen Brand innerhalb der Verteilung mindestens 30 Minuten widerstehen. Vor allem aber konnte Elektroprofi Göttgens seine Auftraggeber auch von einer technischen Neuerung überzeugen: dem Einsatz von Brandschutzschaltern für einen präventiven Schutz. Eingebaut im Verteiler, ergänzen sie die bestehenden Schutzschaltgeräte perfekt: Leitungsschutzschalter (LS-Schalter) bieten Schutz bei Kurzschluss sowie vor Überlast und trennen je nach Fehlerimpedanz in den meisten Fällen bei parallelen Lichtbögen zwischen Außenleitern oder zwischen Außen- und Neutralleiter. Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen (FI-Schalter) erfassen Fehlerströme gegen Erde und können in diesen Fällen, abhängig vom Bemessungsfehlerstrom, neben Fehlerstromschutz auch Brandschutz bieten. Neben parallelen Fehlerlichtbögen gibt es jedoch auch serielle, wie sie etwa bei der Unterbrechung eines Leiters oder in Folge von losen Kontakten entstehen können. Und diese ließen sich mit den bisher gängigen Schutzgeräten nicht erkennen. Diese Schutzlücke schließen Brandschutzschalter wie der „5SM6“ aus dem „Sentron“-Portfolio von Siemens. Denn allein in Deutschland ist rund ein Drittel aller Brände auf Elektrizität als Brandursache zurückzuführen. Ob z.B. beschädigte Kabelisolierungen, gequetschte Leitungen oder fehlerhafte Endgeräte – an den schadhaften Stellen besteht die Gefahr unerwünschter Fehlerlichtbögen. Diese wiederum können eine punktuelle Hitzeentwicklung von bis zu 6.000 °C verursachen und im Extremfall einen Brand auslösen.
Höchste Sicherheitsstandards sind angesichts einer über 700-köpfigen Schulgemeinschaft das oberste Ziel. Im CMG mit seinen zwar sicheren, aber eben doch auch schon jahrzehntealten Elektroleitungen war man deshalb besonders hellhörig. Zumal in dem Gebäude auch potentielle Brandlasten bestehen, bspw. in Form von Holzvertäfelungen. Vor diesem Hintergrund fiel die Entscheidung, nicht nur einzelne, sondern ausnahmslos alle Stromkreise durch zusätzliche Brandschutzschalter von Siemens abzudecken. Mit 324 Geräten gehört die Installation zu den größten ihrer Art in Deutschland. Der Brandschutzschalter von Siemens lässt sich in Kombination mit einem Leitungsschutzschalter (LS-Schalter) oder auch mit einem Fehlerstrom-/Leitungsschutzschalter (FI/LS-Schalter) einsetzen. Im CMG sind es ausnahmslos Siemens-LS-Schalter vom Typ ‚5SY60.. L+N in 1TE‘. Diese Modulbauweise bietet entscheidende Vorteile, die auch e-line-Geschäftsführer Göttgens zu schätzen weiß: „Dadurch ist die Brandschutzschalterfunktion mit jedem beliebigen LS-Schalter der Serie ‚5SY60..‘ kombinierbar. Das vereinfacht auch die Lagerhaltung. Und nicht zuletzt ist diese modulare Kombination eine TE schmaler als kombinierte Geräte mit FI/LS Kombination in einem Gehäuse und benötigt entsprechend weniger Platz in der Verteilung.“
Die Funktionsweise des Brandschutzschalters ist komplex: Basierend auf einer seit Jahren in den USA bewährten Technologie, analysiert er das Hochfrequenz(HF)-Rauschen des Stroms kontinuierlich in Höhe, Stabilität und Dauer sowie die dazwischenliegenden Unterbrechungen. Integrierte Filter in Verbindung mit intelligenter Software verarbeiten und bewerten die Signale nach einer Vielzahl von Kriterien. Der Microcontroller wertet diese Daten aus und erkennt somit unerwünschte Fehlerlichtbögen. Im Detektionsfall schaltet das Gerät den Stromkreis über den LS- bzw. FI/LS-Schalter sicher ab. Brandgefahren von der elektrischen Leitung bis hin zum Endgerät können so frühzeitig erkannt und unterbunden werden. Das Ergebnis: zuverlässige Brandprävention und ein normenkonformer Rundumschutz. In umfangreichen Labor- und Feldversuchen getestet, kann der Brandschutzschalter betriebsmäßig vorhandene Lichtbögen, wie sie Bohrmaschinen oder Staubsauger erzeugen, zuverlässig von unerwünschten und gefährlichen Lichtbögen unterscheiden.
Eingeführt im November 2016 unter dem Markennamen „Siarc“, bieten die weiterentwickelten Brandschutzschalter der zweiten Generation nochmals verbesserte Algorithmen. Außerdem stehen die überarbeiteten Schutzkomponenten nicht mehr nur für einphasige Endstromkreise bis 16A, sondern auch als Variante für bis zu 40A Bemessungsstrom zur Verfügung. Mittels einer ausgereiften Selbsttestfunktion überprüft der Brandschutzschalter fortlaufend seine eigene Funktionsfähigkeit: Eine Leuchtdiode zeigt den Betriebszustand an – und im Ernstfall die Ursache für die Abschaltung des Stromkreises. Die „Siarc“-Generation bietet zudem eine Multifunktionstaste, über die sich auch die mechanische Testfunktion einfach ausführen lässt.
Normensituation
Obwohl für Schulen nicht explizit erwähnt, erfüllt das CMG mit dem Einsatz von Brandschutzschaltern auch die Vorgaben der seit Februar 2016 gültigen Norm VDE 0100-420. Denn hier ist der Brandschutzschalter für Aufenthaltsräume von Tageseinrichtungen für Kinder vorgeschrieben. In den USA sind diese Schutzkomponenten, wo sie als AFCI (Arc-Fault Circuit Interrupter) bekannt sind, seit vielen Jahren vorgeschrieben. Auch die Internationale Elektrotechnische Kommission (IEC) und das Europäische Komitee für Normung (CENELEC) haben die Dringlichkeit erkannt: Mit der Veröffentlichung der Errichtungsbestimmung IEC 60364-4-42 bzw. des HD 60364-4-42 wird die Installation von Brandschutzschaltern als anerkannter „Stand der Technik“ empfohlen. Diese Empfehlung wird seitdem in den EU-Staaten sukzessive in nationale Bestimmungen überführt. So fordert in Deutschland die aktuelle Norm VDE 0100-420 verpflichtend die Installation des Brandschutzschalters für einphasige Endstromkreise bis 16 A in definierten Anwendungsbereichen. Darunter fallen insbesondere: Betriebe und Bereiche, in denen potentiell brennbare Materialien vorhanden sind, öffentliche Gebäude wie Bahnhöfe, Flughäfen und Museen mit unersetzbaren Gütern sowie Schlaf- und Aufenthaltsräume von Heimen und Tageseinrichtungen für Kinder, behinderte oder alte Menschen, wo eine Evakuierung aufgrund unterschiedlicher und ungewisser Fluchtverhalten schwierig ist.