Anpassung an aktuelle Brandschutz-Anforderungen

Sanierung eines Baudenkmals

„Soziale Frauenschule“ errichtet und ist ein denkmalgeschützter Vertreter der Frühen Moderne. Zahlreiche über die Jahre erfolgte interne Umnutzungen und Umbauten machten es erforderlich, den Bau an die aktuellen Brandschutzanforderungen anzupassen, ohne seinen ursprünglichen Charakter zu verwischen.

Als Gebäude für eine „neue und hoffnungsvolle Schulgattung“ umschreibt der Architekt Rudolf Schwarz in einem 1931 in der Zeitschrift „Die Form“ erschienen Artikel den Zweck des durch ihn errichteten Schulhauses im damals noch weitgehend unbebauten Aachener Süden. Tatsächlich wurden in den ersten Jahren hier junge Frauen für eine „hauptamtliche Tätigkeit als Wohlfahrtspflegerin“ ausgebildet, ein Beruf, der heute etwa mit dem einer Sozialarbeiterin oder einer Erzieherin vergleichbar ist. Für den Schulträger, den Katholischen Frauenbund, hatte das Bauvorhaben Prototypcharakter, weshalb sich deren damalige Vorsitzende Gerta Krabbel sehr aufgeschlossen diesem „Neuen Bauen“ gegenüber zeigte. Sie wünschte sich „eine Schule, die keine Schule, sondern vielmehr eine Siedlung ist“, weshalb Rudolf Schwarz ein Gebäude ersann, das er in dem erwähnten Artikel mit einer Klosteranlage vergleicht.

Gebäudeorganisation

Tatsächlich erscheint das eigentliche Unterrichtsgebäude wie ein turmloser Kirchenbau, an den sich ein eingeschossiger Kreuzgang anschließt. In diesem zum Innenhof orientierten c-förmigen Flügel wohnten einst 31 Schülerinnen in jeweils gut 10 m² großen Einzelzimmern; die Schule war als Internat organisiert. Erschlossen wird der auf einer Hügelkuppe gelegene Komplex über sein Sockelgeschoss auf der Ostseite. Einst waren hier neben dem Haupteingang eine Hausmeisterloge und die Verwaltung angeordnet. Der Zugang befindet sich hier noch heute, die Büros waren schon vor der 2012er Erweiterung einer kleinen Kantine gewichen. In der Nachkriegszeit erhielt die Anlage zunächst eine Kapelle, die bei erwähnter Sanierung in die heutige Aula umgewandelt wurde. Zeitgleich fügte das Kölner Büro Krense Architekten einen Bibliotheksneubau an. Die frühere Aula im ersten Obergeschoss des historischen Schulungsflügels war schon in den 1970er Jahren zu einem Hörsaal mit ansteigendem Gestühl umgewandelt worden, auch die meisten anderen Räume des mehrgeschossigen Westflügels dienen heute dem Unterricht. Alle Lehrräume werden über ein zum Innenhof gewandtes, gläsernes Treppenhaus organisiert, das ursprünglich nur der Aulaerschließung diente. Dazu erhielt es eine Aufstockung, die das 2. OG daran anschloss. 1991 wurde hieran ein Aufzug ergänzt, der die Breite einer ganzen Fensterachse einnimmt und den Haupteingang im Sockel mit allen Raumebenen barrierefrei verbindet.

Brandschutzbestandsaufnahme

Im Zuge der zahlreichen Umbauten und der damit einhergehenden formellen Nutzungsänderungen (aus einer Schule für weniger als 100 Personen wurde eine Hochschule mit knapp 1.000 Nutzern), beauftragte der Eigentümer, das Bistum Aachen, das Planungsbüro der Brandschutzsachverständigen Erika Wald mit einer entsprechenden Bestandsaufnahme. Natürlich stand der Brandschutz im Vordergrund, allerdings war das Planungsbüro auch mit der generellen Sanierung betraut.

„Eine Sprinkleranlage ist immer der allerletzte Strohhalm. Diese wäre hier zum einen sehr teuer gewesen, auch hätte man mit der notwendigen Verrohrung massiv in die Baukonstruktion eingreifen müssen. Zudem müssten ein feuerfester Technikraum und entsprechende unschöne Wassertanks auf dem Dach vorgehalten werden! Deshalb waren wir bestrebt, es anders zu lösen“, erläutert Erika Wald ihr Vorgehen. Denn die denkmalpflegerische Bedeutung der Frauenschule liegt auch in ihren minimalistischen Details, wie etwa einer Deckenstärke von nur 10 cm. Daher besitzen diese „Eisenbetondecken“ nur eine Feuerwiderstandsklasse von F30. Sichergestellt werden konnte der Brandschutz vor allem durch den Einbau einer Brandmeldeanlage und eine Aufsplittung des Gebäudeensembles in Nutzungseinheiten, die mit selbstschließenden Brandschutztüren voneinander getrennt und separat zu entfluchten sind. Sensibel war die Festlegung der Fluchtwege insbesondere, weil der große Innenhof keine Verbindung nach außen aufweist. So führt zwar eine Fluchtmöglichkeit aus dem Treppenhaus in den Innenhof; um sich jedoch vollständig in Sicherheit zu bringen, muss erst der eingeschossige Gebäudeteil an dessen Ostseite wieder betreten und durchquert werden. Dies erfolgt über einen „notwendigen Flur“, der keine brennbaren Elemente aufweisen darf (Holzmöbel, Plakate etc.).

Grundlegend bei der Bewertung der Fluchtwege war die Erfassung vorhandener Weg- und Durchgangsbreiten. Die Brandschutzsachverständige führt aus, dass Fluchtwege grundsätzlich mindestens 1,20 m breit sein müssen und dann für bis zu 100 Personen ausreichen. Die Kapazitätszunahme erfolgt in 60-cm-Schritten, 200 Personen brauchen also 1,80 m usw. Zwischenschritte gibt es keine, 150 Personen etwa brauchen ebenfalls 1,80 m. Auch gilt immer das kleinste Öffnungsmaß eines Fluchtweges. Der heutige Seminarflügel gilt als Veranstaltungsstätte, weshalb dessen Räumlichkeiten im Brandfalle miteinander zu addieren sind. Es reicht nicht aus, den Flur allein für den Hörsaal auszulegen.

Eine Tür mit zwei Fluchtwegen

Tatsächlich hat der große Hörsaal nur eine Tür. Dies ist zulässig, wenn diese auf einen „notwendigen Flur“ mündet (siehe obige Definition) und von diesem zwei Treppenhäuser abgehen – der brandschutztechnische Kunstgriff der Sanierung: Unmittelbar neben dem Bestandstreppenhaus wurde ein stilistisch annähernd identisches Zweittreppenhaus errichtet, das ebenfalls über eine ganze Fensterachse spannt. Zusammen mit der dritten vorspringenden Achse, dem Fahrstuhlschacht, erscheint die Vertikalerschließung jetzt wie ein im Goldenen Schnitt bewusst vorgestellter Gebäuderisalit. Die Zwillingstreppenhäuser teilte die Planerin mit einer F90-Brandschutzwand von den Obergeschossfluren ab. Diese platzierte sie annähernd in Flurmitte, um die erforderlichen Treppenabsätze zu erhalten. Während – wie erwähnt – das östliche und neu ergänzte Treppenhaus in den Hof mündet, führt das zweite – und ursprüngliche – weiter über eine einläufige Treppe ins Sockelgeschoss hinab und von dort über den Haupteingang ins Freie. Auffällig sind die dortigen enormen Flurflächen, die jetzt nominell zum Treppenhaus zählen, weshalb alle hiervon abgehenden Türen in F30 ausgeführt werden mussten.

Brandschutztüren aus Glas

Rudolf Schwarz hatte großen Wert auf offene Flure gelegt. Die bestehenden Raumfluchten galt es zu erhalten, oder wiederherzustellen und gleichzeitig den Brandschutz sicherzustellen. Dazu gliederte Erika Wald den Komplex in Nutzungseinheiten auf, die ebenfalls mit T30-RS-Brandsschutztüren voneinander getrennt sind. Angelegt in Glas, sollten sie so möglichst wenig ursprüngliche Architektur verfremden. Die Planer entschieden sich für Türen des Herstellers Novoferm, vor allem, wegen ihrer identischen Erscheinung, egal, welche Widerstandklasse und Qualität sie besitzen, etwa ob sie rauchdicht sind oder nicht. Ein weiterer Pluspunkt ist die 4 mm starke Wandung der Aluminiumrohrrahmen. Dies gestattet die Erstellung bis zu 1,56 m breiter, einflügeliger Brandschutztüren und damit ein weitgehender Verzicht auf feststehende Seitenflügel. So können Engstellen an Türen im Gefahrenfalle minimiert werden, auch nehmen die Barrieren, insbesondere für Rollstuhlfahrer damit erheblich ab.

Ebenfalls durch den Türproduzenten geliefert wurde die F90-Festverglasung zwischen dem alten und dem neuen Treppenhaus im Erdgeschoss, um hier den einstigen Flurcharakter als „Wandelgang“ zu betonen. Alle Türen, wie auch die Festverglasung, besitzen in Brüstungshöhe Querstreben als Hinderniswarnung. „Grundsätzlich ist es auch zulässig, die von uns verwendeten ‚Contraflam‘-Gläser vollflächig mit bis zu 240 µm starken Folien zu bekleben, ohne die Brandschutzzulassung der Türen zu gefährden. Dafür hat deren Hersteller Vetrotech – eine Saint-Gobain-Tochter – eine entsprechende bauaufsichtliche Zulassung“, erläutert Jörn Lohmann, Produktmanager für Rohrrahmentüren bei Novoferm. Doch die Brandschutzplanerin Erika Wald entschied sich zusammen mit der Architektin Maria Schwarz (Witwe von Rudolf Schwarz) aus formalen Gründen bewusst gegen eine Folienbeklebung. Lohmann weist zudem darauf hin, dass die Türen klebefrei verarbeitet sind. Deren Verglasung ist nicht mit Silikon eingeklebt, sondern trocken fixiert, mit regulären EPDM-Dichtungen, wie man sie aus dem Fensterbau kennt.

Gestern und heute

Wenn man die ursprünglichen Grundrisse und Details genauer betrachtet, muss dem Gebäude eine enorme Veränderung in den 85 Jahren seines Bestehens attestiert werden. Gleichwohl ist die Konstruktion für die jeweilige Zeit überaus stimmig und in einer beachtlichen Planungstiefe sehr durchdacht. Das neue Treppenhaus fügt sich wie selbstverständlich an den denkmalgeschützten Bestand an. Man ist geneigt, sich zu fragen: Was ist hier eigentlich neu?! Größer kann ein Kompliment an einen dem Erhalt eines Denkmals verpflichtenden Planer kaum sein.

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