Was beim Einsatz von CO2-Löschanlagen zu beachten ist
Automatische, stationäre Löschanlagen sind aus Industrie und Verwaltung nicht wegzudenken. Heute gibt es allerdings viele High-Tech-Bereiche, bei denen Wasser als Löschmittel aus verschiedenen Gründen nicht eingesetzt werden kann. Und dies betrifft nicht nur EDV-Anlagen. CO2-Löschanlagen sind hier eine Lösung.
Normalerweise beträgt der Sauerstoffanteil in der Umgebungsluft rund 21 Vol. %. Durch Zugabe – die Brandschützer sprechen vom „Fluten“ – von Kohlendioxid in die Raumluft wird dieser Wert auf weniger als 13,8 Vol. % abgesenkt. Die Löschwirkung von CO2 beruht auf der Verdrängung des Sauerstoffes in dem betroffenen Bereich – und dies kann auch eine weitläufige Fabrikhalle sein. Das Ergebnis ist stets gleich: Die Flammen verlöschen. Da unter Umständen Glutnester den CO2-Einsatz überstehen können, muss die Feuerwehr den Löscherfolg auf jeden Fall überprüfen.
CO2 wird verflüssigt gelagert und beim Austritt entspannt sich das Gas und wirkt in mehrfacher Hinsicht. Der Umgebung wird zum einen sofort Wärme entzogen. Dadurch kommt es zu einer Herabsetzung des Taupunktes der Luft und in Folge dessen zu einer „Vernebelung“ des Raumes. Versuche bei Herstellern haben ergeben, dass in den meisten Fällen zwar keine Unterkühlungsschäden zu befürchten sind, wohl aber die Kondensation von Feuchtigkeit. Für sensible Elektronik kann dies das Aus bedeuten, denn die Wassertröpfchen setzen sich natürlich auch an solchen Stellen ab, wo sie Schäden anrichten können.
Hoch- und Niederdruck-Löschanlagen
Bei CO2-Löschanlagen unterscheidet man den Anlagenaufbau nach zwei Kriterien: nach der Lagerart des Löschmittels und nach der Art der Branderkennung und Ansteuerung. Bei den erstgenannten CO2-Löschanlagen – sog. Hochdruckanlagen – wird das Löschmittel in Druckgasflaschen bei einem vorgewählten Füllgrad unter Eigendampfdruck gelagert. Dadurch können in Abhängigkeit von der Umgebungstemperatur sehr unterschiedliche Betriebsdrücke auftreten, z.B. 52 bar bei 15 °C. Deshalb sind definierte Lagertemperaturgrenzen sicherzustellen, um die Wirksamkeit stets zu gewährleisten.
Fortschreitende Automatisierung und Maschinenverkettungen erfordern größere Räume. Diese Brandrisiken können mit dem traditionellen Hochdrucksystem nicht abgedeckt werden, weil die erforderlichen Löschmittelmengen nicht wirtschaftlich zu bevorraten sind. Für die größeren Löschmittelmengen – immerhin bis nahezu 100 Tonnen Löschgas – bietet sich eine Niederdruck-Anlage an. In diesem Fall wird CO2 in isolierten, mit Kühleinrichtungen versehenen Druckbehältern bei -20 °C auf einem annähernd gleichen Betriebsdruck von 20 bar gehalten. Die Grenze für Hochdrucktechnik wird von Fachleuten mit zwei bis drei Tonnen CO2 angesetzt. Bei einem größeren Löschmittelbedarf kommt die Niederdrucktechnik zum Einsatz.
Ein ernsthafter Aspekt beim Einsatz von CO2-Anlagen ist die Freisetzung von vielen Tonnen Löschmittel, das in die Umgebungsluft abgegeben wird. Durch CO2 entstehen keine nennenswerten Umweltbelastungen, weil der Anteil gemessen an der Gesamtemission verschwindend gering ist. CO2 wird im Übrigen nicht eigens für Feuerlöschzwecke erzeugt. Das Gleichgewicht in der Atmosphäre wird somit nicht verändert, die CO2-Bilanz bleibt ausgeglichen.
Die Auslösung jedes Löschvorganges kann sowohl automatisch als auch von Hand eingeleitet werden. Im Brandfall detektieren üblicherweise elektronische Brandmelder das Feuer. Für spezielle Anwendungen stehen auch mechanische oder pneumatische Wärmefühler zur Verfügung. Diese Auslöseelemente, die auf verschiedene Brandkriterien ansprechen, zum Beispiel auf Temperatur, Flammen, Rauch oder Brandaerosole, sind gleichmäßig in den zu schützenden Räumen oder in unmittelbarer Nähe des Schutzobjektes angeordnet.
Raumflutung – bedrohlich für Mensch und Tier
Bei der sogenannten „Raumflutung“ wird die Zusammensetzung der Umgebungsluft großflächig verändert, um den Verbrennungsvorgang zu unterbrechen. Dies gilt insbesondere bei Niederdruckanlagen. Löst das System aus, strömen in kürzester Zeit bis zu 100 Tonnen CO2 aus. In der löschfähigen Konzentration ist CO2 für Mensch und Tier lebensbedrohlich und erfordert geeignete Warn- und Schutzmaßnahmen. Diese Alarmierungs- und Sicherungssysteme müssen gewährleisten, dass alle Personen den zu flutenden Bereich verlassen, bevor die Löschanlage auslöst. Genau das hat sich in der Vergangenheit mehrfach als problematisch erwiesen.
CO2 kommt in der Natur als Gas vor und ist ein wichtiger Baustein des organischen Lebens. Es ist farb- und geruchlos und geht fast keine Verbindungen mit anderen Stoffen ein. Aus der Sicht des Umweltschutzes ist es unbedenklich, weil ausschließlich natürliche Luftbestandteile verwendet werden – allerdings in geänderter Zusammensetzung. Die Ingredienzien werden aus der Atmosphäre extrahiert oder stehen als “Abfallprodukt” chemischer Prozesse kostengünstig zur Verfügung. Auch dies ein Grund für den Einsatz von CO2-Anlagen zum Schutz großflächiger Industriekomplexe.
Kohlendioxid wird seit mehr als 100 Jahren in nahezu unveränderter Qualität für den Brandschutz eingesetzt. Technische Verbesserungen sorgten in den vergangenen Jahrzehnten für Optimierungen bei der Evakuierung von Personen, bei der Löschmittelbevorratung in Stahlflaschen und bei den Düsen, die das Löschgas gleichmäßig im Raum verteilen. Die Umstellung von ehemaligen Halon-Anlagen – Halon ist aus Gründen des Umweltschutzes seit vielen Jahren nicht mehr zulässig – brachte weitere Innovationen für das CO2-Löschverfahren. „CO2 zweistufig“, das bedeutet, dass in Bereichen mit besonders hoher Brandlast ein separates Rohrsystem zur Verfügung steht. Diese Anordnung lässt an besonders sensiblen Stellen relativ schnell einen „Löschsee“ entstehen, in dem der für die Verbrennung nötige Sauerstoff verdrängt wird. Für Brände im Raum selbst steht die normale Düsenanordnung an der Raumdecke zur Verfügung. Im Brandfall werden beide Bereiche mit CO2 geflutet. Ein selektiver Einsatz von CO2 ist allerdings beim Raumschutz nicht möglich.
Nach der Flutung, und diese vollzieht sich in Sekundenschnelle, „liegt“ das Produkt CO2 wie ein unsichtbarer See über dem Boden. Findet kein oder nur unzureichender Luftaustausch statt, bleibt diese „unsichtbare“ und geruchlose Gefahr zunächst einmal bestehen. Nach einem Feuer in einer Lackfabrik in Mönchengladbach strömte Kohlendioxid in großer Menge überdies unkontrolliert aus dem Gebäude heraus. Was eigentlich den Brand ersticken sollte, wurde zur Gefahr für mehr als 100 Menschen. Als Ursache wurde technisches Versagen diagnostiziert. Das Gas verteilte sich in der gesamten Umgebung des Gewerbegebiets. Im Ergebnis stand Menschen und Tieren in der Umgebung der Fabrikhalle nicht ausreichend Sauerstoff in der Atemluft zur Verfügung, so jedenfalls die Berichterstattung. 50 Häuser wurden evakuiert und die Polizei sperrte den Bereich rund um die in einem Gewerbegebiet gelegene Fabrik im Umkreis von etwa einem Kilometer ab. Die Anwohner eines angrenzenden Wohngebiets wurden zudem aufgefordert, die Fenster zu schließen und höhere Stockwerke aufzusuchen, weil das Gas am Boden bleibt und sich bei Windstille im wahrsten Sinne des Wortes „nur langsam verdünnisiert“. Erst mit Hilfe von Hubschraubern wurde das ausgetretene CO2 schließlich so verwirbelt, dass es keine Gefahr mehr darstellte.
Alternativen
Bei EDV-Anlagen hat sich bereits der Einsatz von alternativen Löschgasen, bestehend entweder aus Argon oder Stickstoff oder aus einer Mischung beider Gase mit einem kleinen Anteil CO2 durchgesetzt. Wenngleich diese Inertgase keine direkte Personengefährdung darstellen, sollten auch beim Einsatz dieser Produkte Personen den Raum verlassen, um Kontakt mit schädlichen Verbrennungsprodukten zu vermeiden.
„Novec 1230“ beispielsweise (perfluoriertes Ethyl-Isopropylketon, ISO-Kennzeichnung FK-5-1-12) ist eine farblose, fast geruchlose Flüssigkeit, die im Molekül Kohlenstoff, Fluor und Sauerstoff enthält. Die Löschwirkung in stationären Feuerlöschanlagen erfolgt durch Radikalbildung (Zerfall in der Flamme) und Rekombination. Die Folge ist eine Kettenabbruchreaktion, die eine weitere Verbrennung unmöglich macht (homogene Inhibition). Das Produkt hat mit einem Treibhauspotenzial (CO2-Äquivalent) von 1 den geringsten Wert aller aktuell zugelassenen chemischen Löschmittel und zerfällt innerhalb weniger Tage unter Sonneneinstrahlung. Zur Brandbekämpfung wird vergleichsweise wenig Löschmittel benötigt. Damit besteht auch ein geringerer Platzbedarf für die Bevorratung. Im Gegensatz zu CO2 ist kein separater Raum erforderlich, weil die Stahlflaschen direkt im Schutzbereich aufgestellt werden können.
Eine weitere Alternative besteht bei großen Räumen auch in der „Permanent-Inertisierung“. Dabei wird in dem zu schützenden Raum dauerhaft und mit erheblichem Aufwand eine Atmosphäre geschaffen, die der im Hochgebirge entspricht. Es besteht dann keine Zündfähigkeit für ein Feuer, weil der Sauerstoffgehalt nicht ausreicht. Neben erheblichen Betriebskosten ist für Menschen in solchen Bereichen ein längerer Aufenthalt aus gesundheitlichen Gründen nicht zu empfehlen.
Zusammenfassung
Die Hauptanwendungsgebiete für die beschriebenen Raumschutzsysteme sind: Gefahrstofflager, sowie Archive für Datenträger, Dokumente und Gemälde, chemische Industrie, Textilverarbeitung, grafische Industrie, elektrische und elektronische Anlagen, medizinische Einrichtungen, Farb- und Lackherstellung sowie Lackier- und Pulverbeschichtungsanlagen. Jeder Neuinstallation sollte eine präzise Prüfung mit Blick auf das Risiko für Menschen, Ausrüstung und Umgebung erfolgen. In Anbetracht der Restrisiken beim Personenschutz ist Raumschutz mit CO2 – und hier insbesondere Großanlagen mit vielen Tonnen Löschmittel – nur in genau definierten Ausnahmefällen noch tragbar.