Einsatz von Wassernebellöschanlagen
In vielen Gebäuden gibt es häufig nur ein effizientes Brandmeldesystem, da konventionelle Brandbekämpfungssysteme, wie Sprinkler- oder Gaslöschanlagen, erhebliche Schäden an der wertvollen Bausubstanz und den gelagerten Gütern verursachen können, die in vielen Fällen größer sind als die eigentlichen Brandschäden.
Konventionelle Brandbekämpfungssysteme können aber Wasserschäden verursachen, beziehungsweise sie erzeugen bei Auslösung schädliche Stoffe für Personen sowie Exponate und/oder Lagergüter. „Das sind die Motive, weshalb bei denkmalgeschützten Gebäuden und kulturellen Einrichtungen oder Archiven häufig gänzlich auf ein Brandbekämpfungssystem verzichtet wird“, erklärt Kopp. „Dabei bieten Wassernebelsysteme einen zusätzlichen Schutz über die reine Brandbekämpfung hinaus und unterdrücken effektiv eine Ausbreitung des Feuers bis zum Eintreffen der Feuerwehr, und das vor allem ohne dabei große Schäden anzurichten.“
Wie Bettina McDowell, Geschäftsführerin des Internationalen Wassernebel-Verbands e.V. (IWMA) erklärt, sind Museen, Archive und denkmalgeschützte Gebäude ein typischer Anwendungsbereich für Wassernebelsysteme. „Diese Systeme arbeiten mit reinem Wasser und spezielle Düsen verwandeln dieses in einen feinen Nebel, wobei der Druck definiert, ob es sich um ein Niederdruck- oder Hochdruck-Wassernebelsystem handelt.“
Denn: je nach Richtlinie gibt es eine Unterteilung in zwei beziehungsweise drei Kategorien. VdS 3188 unterteilt in zwei Systeme über und unter 16 bar. NFPA 750 sowie FM 5560, die Richtlinien der U.S.-amerikanischen National Fire Protection Association, beziehungsweise von Factory Mutual hingegen teilen in Niederdruck (unter 12,5 bar), Mitteldruck (zwischen 12,5 und 35 bar) und Hochdrucksysteme (über 35 bar) ein.
Wie funktioniert Wassernebel?
Wasser hat den größten Kühleffekt aller bekannten Löschmittel. Konventionelle Brandbekämpfungssysteme, die auf Wasser basieren, benötigen sehr große Wassermengen, um einen effizienten Kühleffekt zu erreichen und den Brand damit einzudämmen beziehungsweise zu löschen. Eine der Ursachen für den hohen Wasserverbrauch ist, dass der Brandherd nicht unmittelbar bekämpft wird, sondern große Bereiche besprüht werden, auch wenn sie nicht von dem Brand betroffen sind. Konventionelle Sprinkleranlagen zielen primär auf die Benetzung der Brandlast mit Wasser ab. Ein weiterer Grund ist, dass die großen Tropfen konventioneller Systeme aufgrund ihrer geringen Oberfläche nur wenig Kapazität haben, die Wärme des Feuers aufzunehmen. Um einen entsprechenden Kühleffekt zu erzielen, wird also sehr viel Wasser benötigt.
Wassernebelanlagen erreichen einen deutlich höheren Kühleffekt mit wesentlich weniger Wasser. Durch die Zerstäubung des Wassers bei höherem Druck verkleinern sich die austretenden Tropfen. Dadurch entsteht eine wesentlich größere Wassertropfenoberfläche zur Absorption der Energie des Brandherdes. In der Nähe des Feuers verdampfen die Wassertröpfchen zudem aufgrund ihrer geringen Größe und entziehen dem Brandherd weitere Energiemengen. „Der Brand selbst, seine Umgebungsluft und Gegenstände, die sich im Umkreis befinden, werden so in kurzer Zeit erheblich gekühlt, was eine rasche Eindämmung des Brandes sicherstellt und erhebliche Feuerschäden unterbindet“, fasst Rüdiger Kopp zusammen.
Der Wassernebel erzeugt zudem einen lokalen Inertisierungseffekt. Er sorgt durch die Verdampfung der Tröpfchen und der damit verbundenen Volumenvergrößerung des Wassers unmittelbar am Brandherd für eine Sauerstoffverdrängung und entzieht dem Feuer damit seinen Nährboden. Gaslöschanlagen basieren zwar auch auf diesem Effekt, jedoch mit dem Unterschied, dass die Sauerstoffverdrängung bei Wassernebel lediglich lokal am Brandherd stattfindet und nicht wie bei Gaslöschanlagen im gesamten Raumvolumen. Daher sind Wassernebelanlagen im Gegensatz zu Gaslöschanlagen auch in Räumen mit Öffnungen effektiv und bedürfen keines Raumabschlusses.
Auslegung von Hochdruck-Wassernebelanlagen
Obwohl Wassernebel sich nahezu gasartig verhält, können die Anlagen nicht auf Basis von Gaslöschanlagen anerkannt und ausgelegt werden. Gleichermaßen sind Richtlinien für konventionelle Sprinkleranlagen nicht anwendbar. Für jeden Anwendungsfall ist es notwendig, den Düsentyp, die Düsenanordnung, Volumenstrom und Auslösezeit individuell zu bestimmen, um die Anlage dem Schutzziel entsprechend auszulegen.
Richtlinien, wie die VdS 3188 oder prEN 14972, werden zur Anerkennung von Systemkomponenten, aber auch zur Dimensionierung der Anlagen zugrunde gelegt. Anders als bei konventionellen Sprinkleranlagen oder Gaslöschsystemen müssen Wassernebelanlagen in 1:1-Brandversuchen anwendungsbezogen den Nachweis bringen, dass sie in der Lage sind, ein bestimmtes Schutzziel zu erfüllen. Dabei sind standardisierte Brandversuchsszenarien in den entsprechenden Richtlinien festgeschrieben. Diese Brandversuche generieren die zugehörigen Dimensionierungsparameter der Anlage. Die Standardszenarien der Richtlinien können jedoch häufig nicht für eine abschließende Bewertung der Brandlasten und Risiken in Archiven, Büchereien oder Museen herangezogen werden. Das französische Brandforschungszentrum Centre Scientifique et Technique du Bâtiment (CSTB) in Paris hat daher vor einigen Jahren drei verschiedene Brandszenarien speziell für Archive und Büchereien entwickelt und in eigenen Brandversuchen validiert.
Diese Brandszenarien wurden unter verschiedenen Bedingungen durchgeführt. Es wurden Szenarien mit festen Regalen, die mit 900 Archivordnern und insgesamt 6000 kg Papier gefüllt waren, durchgeführt. Weitere Versuche wurden mit beweglichen Roll-Regalen und andere mit veränderter Brandlast, nämlich Disketten, Bänder und anderen Kunststoffartikeln, durchgeführt, um auch Archive mit elektronischen Daten abzudecken. Alle Tests ergaben, dass das geprüfte Wassernebelsystem den Brand unmittelbar kontrollieren konnte und eine Ausbreitung des Brandes verhinderte. Die Temperaturen sanken in kurzer Zeit auf unter 50 °C, die Schäden an den Dokumenten entstanden im Wesentlichen während des Zeitraums vor Aktivierung der Anlage, also durch das Feuer. Die Dokumente waren lediglich an der Oberfläche feucht, im Inneren jedoch trocken.
Rohrquerschnitte, Pumpenzentrale, Wasserbevorratung
Geringe Rohrquerschnitte mit Durchmessern zwischen 12 und 40 mm ermöglichen eine einfache nachträgliche Installation, insbesondere in denkmalgeschützten Gebäuden. Hierin besteht ein weiterer wesentlicher Vorteil von Wassernebel-Brandbekämpfungssystemen gegenüber Sprinkleranlagen. Durch den geringen Wassereinsatz können Pumpenzentralen und die Wasserbevorratung deutlich kleiner als bei konventionellen Sprinklersystemen ausfallen. In der Regel kann die gesamte Systemtechnik auf einer Fläche von weniger als 15 m² untergebracht werden.
Mit Wassernebel ganzheitlich schützen
Durch die bereits beschriebenen Systemvorteile der Wassernebel-Brandbekämpfungstechnologie können nicht nur Lager- und Ausstellungsbereiche in denkmalgeschützten Gebäuden, Museen, Archiven oder Bibliotheken optimal gegen einen Brand abgesichert werden, sondern der Schutzumfang auch auf Technikbereiche oder Dachstühle erweitert werden. Wassernebel ermöglicht mit einem Brandbekämpfungssystem alle Bereiche eines Gebäudes abzusichern. Insbesondere durch den Schutz von historischen Dachstühlen, die häufig über keine Brandabschnittstrennung verfügen, können katastrophale Schäden, wie jüngst bei dem Brand der Notre Dame-Kathedrale in Paris, vorgebeugt werden.
Fazit
Wassernebelsysteme haben sich als Alternative zu konventionellen Sprinklersystemen oder Gaslöschanlagen in Gebäuden besonderer Struktur bewährt. Auch wenn die direkten Investitionskosten häufig über denen einer Sprinkleranlage liegen, relativieren sich diese bei Betrachtung der im Aktivierungsfall entstehenden Sanierungskosten eines denkmalgeschützten Gebäudes, eines Archivs beziehungsweise eines Museums.
„Die Vorteile der Wassernebeltechnologie bieten neue Denkansätze und Möglichkeiten für Bauherren, um bauliche Brandschutzmängel in denkmalgeschützten Gebäuden zu kompensieren und diese optimal abzusichern, ohne erhebliche Verluste von wertvollen Kulturgütern durch die Brandbekämpfungsanlage befürchten zu müssen,“ fasst Rüdiger Kopp zusammen.