Große Fenster lassen sich kaum noch manuell bedienen
Der Brandschutz und die Belüftung sind essenzielle Aspekte in der Planung von Gebäuden, um die Sicherheit der Bewohner und Nutzer zu gewährleisten. Fensterantriebe in Verbindung mit Rauch- und Wärmeabzugsanlagen (RWA) spielen dabei eine zunehmende Rolle – vor allem bei der heutigen Bauweise mit großen Fensterelementen, die aufgrund ihres Gewichts kaum noch manuell bedient werden können.
In öffentlichen Gebäuden wie in großen Bürokomplexen, Einkaufszentren und Krankenhäusern sind automatisierte Fenster mittlerweile unverzichtbar geworden. Sie gewährleisten nicht nur eine kontrollierte Frischluftzufuhr und sorgen für ein optimales Raumklima, sondern sorgen mit einer zeitlichen Steuerung auch dafür, dass sie nicht aus Versehen über Nacht offenbleiben. Sie verbessern die Raumlufthygiene und mindern so z. B. die Ansteckungsgefahr durch Viren. Die kontrollierte natürliche Lüftung mit Fensterantrieben ist ein wichtiger Baustein bei der energieeffizienten Gebäudeklimatisierung, da der Energieverbrauch für Heizung, Kühlung und künstliche Beleuchtung reduziert werden kann. Im Sommer führen automatisierte Fenster zur Nachtauskühlung die Wärme nach außen ab und kühle, frische Luft strömt nach innen aufgrund natürlicher Druckunterschiede nach. Hierfür sind mindestens zwei Öffnungen im Gebäude erforderlich. Im Brandfall öffnen die Fensterantriebe Zu- und Abluftflächen für den natürlichen Rauch- und Wärmeabzug, um Flucht- und Rettungswege raucharm zu halten und eine sichere Evakuierung zu ermöglichen.
Die Antriebsarten
Es gibt die unterschiedlichsten Fensterantriebe von Ketten-, über Spindel-, Riegel- oder Lamellenantriebe, die für unterschiedliche Einsatzbereiche geeignet sind. Welcher Antrieb sich für welches Fenster eignet, hängt von vielen Faktoren ab.
Zu den wichtigen Kriterien gehören neben dem Zweck die Öffnungsart und die Öffnungsrichtung. Oft kann – anders als bei Lamellenfenstern – ein Antrieb für verschiedene Fensterarten wie Dreh-, Klapp- und Kippfenster oder Lüftungsklappen verwendet werden. Generell kann man sagen, dass Ketten- und Spindelantriebe bevorzugt für Lüftungs- und RWA-Anwendungen genutzt werden. An Fassadenfenstern werden am häufigsten Kettenantriebe verwendet. Kettenantriebe sind elektromotorische Antriebssysteme mit einer rückensteifen Antriebskette, die durch einen Elektromotor angetrieben wird. Im eingefahrenen Zustand ist die Kette platzsparend im Gehäuse verstaut. Ausgefahren bleibt sie in einer Linie zur Kraftübertragung vom Antrieb auf das Fenster stabil und bewegt das Fenster.
Diese Antriebe können über zentrale Steuerungssysteme gesteuert und überwacht werden. Sensoren messen dabei relevante Daten wie Rauchentwicklung, Temperatur, Windgeschwindigkeit, Regen oder CO2-Konzentration. Sie dienen auch als Auslöser für den Kettenantrieb im Brandfall. Sobald die Sensoreinheit einen Brand erkennt, sendet sie ein Signal an die Steuerung, die daraufhin den Kettenantrieb aktiviert. Sie vermeidet aber auch, dass das Fenster bei ungünstigen Witterungsbedingungen geöffnet bleibt und Energie verschwendet wird. Kettenantriebe können natürlich auch in intelligente Gebäudeautomationssysteme integriert werden.
Elektrotechnische Ausstattung
Es gibt Ausführungen mit einer Eingangsspannung von 24 oder 230 Volt. Mit 230 Volt kann der Antrieb ohne Probleme in die Gebäudeleittechnik integriert oder autark betrieben werden. Kettenantriebe sind größtenteils mit einem Sanftanlauf und einem Soft-Close-Bereich ausgestattet. Der Soft-Close sorgt kurz vor Endposition für eine reduzierte Geschwindigkeit sowie geringere Kraft zur Dichtungsentlastung, dadurch wird auch ein lautes Schließen des Fensters verhindert. Der Sanftanlauf gewährleistet einen geringen Einschaltstrom und verhindert einen Spannungseinbruch des Netzes.
Intelligente Kettenantriebe sind per Software nachträglich und vor Ort konfigurierbar. Einstellungen wie Ausstellweiten, Geschwindigkeiten, Einklemmschutz, Dichtschluss oder Kraftanpassung können in beiden Fällen individuell eingestellt werden. Die neuen Antriebe von Kingspan STG bieten eine Vielzahl an Konfigurationsmöglichkeiten, ohne dass eine Software dafür notwendig ist. Die Setbildung zum Einbinden von weiteren Antrieben oder Riegelmotoren ist ebenso möglich wie das Begrenzen der Ausstellweite, ein Klemmschutz sowie das Einstellen der Nullposition direkt am Antrieb.
Viele Vorteile für den Einsatz haben auch modulare Kettenantriebe, hier sind der Antrieb und die Funktionen getrennt und jederzeit nachrüstbar. Durch aufsteckbare und damit auswechselbare Funktionsmodule kann ein Basisantrieb verschiedene Einsatzzwecke wie 24-V-RWA, Lüftung mit 24 V oder mit 230 V abdecken oder in die Gebäudeleittechnik eingebunden werden. Für die unkomplizierte und sichere Durchführung sollte der richtige Antrieb individuell auf den Anwendungsfall zugeschnitten sein, also die Art des Antriebs, Anschluss, Anwendung und Programmierung. Um den geeigneten Antrieb zu finden, gibt es von diversen Herstellern online-Tools wie z. B. den „Motorfinder“ (www.motorfinder.info) von Kingspan STG. Bei der Auswahl müssen Faktoren wie Größe und Gewicht der zu öffnenden Elemente, die Einbauart (z. B. profilintegriert oder aufliegend) sowie die benötigte Hubkraft berücksichtigt werden.
Die Wind- oder Regenschlagdichtigkeit bestimmt je nach Größe des Fensters wie viele Antriebe zum Einsatz kommen müssen und ob zusätzliche Riegelantriebe erforderlich sind. Hier macht meist der Fensterhersteller Vorgaben, was eingesetzt werden muss, um die entsprechenden Werte zu erreichen.
Hinweise zum richtigen Einbau
Beim Einbau von Kettenantrieben gibt es einige wichtige Punkte zu beachten, um eine ordnungsgemäße Funktion und Sicherheit zu gewährleisten. Zunächst spielt die Funktion des Antriebs eine wichtige Rolle: Wird er zur täglichen Lüftung oder als Sicherheitseinrichtung für den vorbeugenden Brandschutz eingesetzt?
Beim Einbau von Kettenantrieben im Zusammenhang mit Rauch- und Wärmeabzugsanlagen (RWA) müssen die geltenden Brandschutznormen und örtlichen Vorschriften beachtet werden. Hierzu gehört unter anderem die DIN EN 12101-2 für RWA-Anlagen. Zudem unterscheidet man zwischen Entrauchung und NRWG. Für die Entrauchung müssen die Antriebe in Anlehnung an die Normen (DIN EN 12101-2) nach entsprechenden Kriterien geprüft werden. Reicht die Rauchableitung oder muss es ein NRWG sein?
Bei einem natürlichen Rauch- und Wärmeabzugsgerät (NRWG) ist das Profilsystem in Verbindung mit dem Antrieb als Gesamtsystem nach DIN EN 12101-2 zu testen und zu zertifizieren (CE). Solche Anlagen müssen in Deutschland eingesetzt werden, wenn ein natürlicher Rauchabzug bauordnungsrechtlich gefordert wird. Darunter fallen z. B. Schulen, Krankenhäuser oder Verkaufsstätten. Für die Entrauchung muss das Element innerhalb von 60 sek öffnen. Um das zu erreichen, müssen die Ausstellweite und die Geschwindigkeit des Antriebs, aber auch die Entriegelung einkalkuliert werden.
Ferner eignen sich Rauch-Wärme Abzugsanlagen zur Entrauchung für folgende Einsätze: in Treppenhäusern (mit zweitem Rettungsweg), in Aufzugschächten, als Zuluft-Anlagen, bei Sanierungen und/oder Instandsetzungen, bei Sonderflügelarten und als Zulassungen im Einzelfall (ZiE).
Auch die Montageart spielt eine Rolle. Heute werden Antriebe meist auf dem Rahmen montiert, da dieser einerseits mehr Platz bietet, andererseits das Kabel nicht aufwendig – wie bei der Flügelmontage – durch den Flügel gezogen werden muss. Für besonders hohen Ansprüche an die ästhetische Gestaltung ist auch eine „versteckte“, profilintegrierte Montage möglich, bei der im Profil Platz für den Antrieb geschaffen werden muss. Hier gibt es zahlreiche Anbindungslösungen für die am Markt üblichen Profilhersteller.
Um eine einwandfreie Funktion der Kettenantriebe über einen längeren Zeitraum zu gewährleisten, sind die regelmäßige Wartung und Instandhaltung entscheidend. Dabei sollte die Herstellerempfehlung für die Wartung befolgt und mögliche Verschleißteile rechtzeitig ausgetauscht werden.
Kettenantriebe werden in verschiedenen Gebäudetypen und -bereichen zur Entrauchung und Lüftung eingesetzt. Haupt-Einsatzbereiche sind:
Treppenräume: um Fluchtwege wie Treppenhäuser mittels einer RWA raucharm zu halten und die Rauchausbreitung zu reduzieren.
Lüftungsklappen und Fenster: In großen Hallen, Produktionsstätten oder Lagerhallen werden oft Lüftungsklappen oder -fenster mit Kettenantrieben zur Lüftung und zum Rauchabzug eingesetzt.
Dachfenster: Besonders in Gebäuden mit geneigten oder flachen Dächern können Kettenantriebe an Dachfenstern zur natürlichen Lüftung und als RWA genutzt werden.
Fazit
Der Einbau von Kettenantrieben erfordert eine gründliche Planung, eine fachgerechte Montage und die Einhaltung relevanter Sicherheitsvorschriften. Eine sorgfältige Auswahl, Installation und regelmäßige Wartung gewährleisten eine reibungslose Funktion und tragen dazu bei, die Sicherheit und den Komfort in Gebäuden zu erhöhen.
Fensterantriebe bieten zahlreiche Vorteile in Bezug auf Energieeffizienz, Komfort und Sicherheit. Durch die präzise Steuerung der Fenster leisten sie bei der Schaffung angenehmer Innenräume einen wichtigen Beitrag.
Eine aktuelle Referenz
Die „KCDX-Serie“ ist die neueste Produktreihe von Kettenantrieben bei Kingspan STG. Sie sind leise und verfolgen ein Konzept, bei dem Antrieb von der Funktion getrennt sind. Das heißt: ein Antrieb deckt durch austauschbare Funktionsmodule verschiedene Einsatzzwecke ab. Trotz unterschiedlicher Funktionalität bleibt das Bohrbild für die gleiche Ausstellweite gleich. Vorkonfektionierte Verbindungsleitungen zum einfachen Zusammenstecken mehrerer Antriebe, beidseitige Anschlussmöglichkeiten sowie verdeckte multifunktionale Konsolen komplettieren die Antriebe.
Einfache Änderungen der Grundkonfiguration wie Begrenzen der Ausstellweite, Klemmschutz (langsames Schließen; Schutzklasse 3), Einstellen der Nullposition, oder Einbinden von weiteren Antrieben oder Riegelmotoren sind direkt am Antrieb
– auch vor Ort – ohne PC-Tool ausführbar. Weitergehende Konfigurationen lassen sich mit der optional erhältlichen PC-Software ausführen.
Ein aktuelles Projekt, bei dem diese neuen Antriebe zum Einsatz kommen, ist die historische Arnulfpost in München, in der Google neue Büros erstellt. In der Laterne auf dem zentralen Rundbau der Anlage kamen die Antriebe „KCDM“ mit 450 N Kraft zum Einsatz.