Mehr Sicherheit im Brandfall
Um eine effektive Einhaltung von Brandschutzzielen im Bauwesen zu gewährleisten, werden immer fortschrittlichere Materialien entwickelt, die zum einen mehr Sicherheit im Brandfall bieten und zum anderen platzsparend und diskret eingesetzt werden können. Dieser Beitrag fasst zusammen, worauf es bei textilen Brandschutzmaterialien ankommt.
Im Brandfall können in Gebäuden, wie Einkaufszentren, Flughäfen, Bahnhöfen, Museen oder auch Lager- und Logistikhallen, einzelne Parzellen oder Räume mit textilen Brandschutzvorhängen abgeteilt werden.
Bild: Frenzelit
Unter den Brandschutzzielen stellt die Feuerwiderstandsklasse EI nach der EN 13501-2 die Königsdisziplin „isolierender Brandschutz“ dar, während EW nach der gleichen Norm nur eine Strahlungsreduktion beschreibt. Die Buchstaben der Kürzel stehen für die französischen Wörter Étanchéité (Raumabschluss), Isolation (Wärmedämmung) und Radiation (ursprünglich Watt). In manchen Anwendungsfällen kann das Schutzziel EW bei einem Brandschutzvorhang ausreichend sein: wenn viel Platz vorhanden ist, wenige Menschen in dem Gebäudebereich verkehren und es auf Wirtschaftlichkeit ankommt. Strahlungsreduktion bedeutet, dass nach Raumabschluss durch den Vorhang auf der kalten Raumseite nur eine bestimmte Strahlungsenergie abgegeben werden darf (15 kW/m² in 1 m Abstand). Aufgebaut sind EW-Brandschutzmaterialien in der Regel aus nur einer Lage, die einfacher zu vernähen und aufzurollen ist. Dadurch ist ein solches Material günstiger und wirtschaftlich interessant.
Nachteil brandlastfreie Zone
Die Nachteile liegen laut Peter Jahn, Research & Development bei Frenzelit, jedoch auf der Hand: „Da die Strahlungsenergie nur reduziert, aber nicht abgehalten wird, ist auf der kalten Raumseite eine brandlastfreie Zone von 1 bis 2 m gefordert, in der sich nichts Entzündliches befinden darf, das durch die Strahlungsenergie in Brand geraten könnte. Umbauter Raum ist jedoch teuer, daher handelt es sich hier um verlorene Flächen, die nicht adäquat genutzt werden können. Außerdem kann auch eine reduzierte Strahlungswärme für Personen äußerst unangenehm sein, um noch an einem solchen Vorhang vorbeizulaufen. Häufig glühen EW-Vorhänge nach einer bestimmten Zeit.“
Isolierender Brandschutz bietet eine höhere Sicherheit
Beim Brandschutzziel EI geht es um Isolation, d. h. die Oberfläche der Kaltseite darf nur eine maximale Temperaturerhöhung von 140 K aufweisen. Die begleitende Zahl gibt an, nach Ablauf welcher Zeit die Vorgabe überschritten wurde, also EI60 = 60 Minuten.
Isolierender Brandschutz bietet mehr Sicherheit für Mensch, Gebäude und Umwelt. Es ist unbedenklich möglich, an einem solchen EI-Brandschutzvorhang innerhalb der angegebenen Schutzdauer vorbeizulaufen. Somit ist kein brandlastfreier Bereich vonnöten; der Platz rund um den Vorhang kann voll genutzt werden. Hinzu kommt ein ästhetischer Vorteil textiler Brandschutzmaterialien: Sie lassen sich äußerst diskret in Decken und Abhängungen verbergen. Offensichtliche Brandschutztüren oder Rolltore sind nicht nötig, sondern es handelt sich um wickelbare, versteckte Vorhanglösungen – vorteilhaft z. B. in Hotels oder Einkaufszentren.
Mit dem mehrlagigen Brandschutzgewebe „isoGLAS FTI“, das zudem über eine intumeszierende Beschichtung verfügt, kann eine Schutzdauer von EI60 erreicht werden.
Bild: Frenzelit
Mehrlagiger Gewebeverbund
Ein Brandschutzvorhang, der den Empfehlungen von Frenzelit entspricht, ist ein Mehrlagenaufbau aus einer Kombination spezieller Gewebe, Beschichtungen und Nadelvliese. Hierbei wird von einem Deckmodul, das größtenteils der Optik dient, und dem Funktionsmodul, das maßgebend für die Isolationseigenschaften ist, gesprochen. Bei dem symmetrischen Aufbau befinden sich außen je ein Deckmodul und in der Mitte zwei Funktionsmodule. Die Deckmodule sind Gewebelagen, die einseitig mit einer Alufolie kaschiert werden. Das Herzstück ist das Funktionsmodul. Es besteht aus einem Verbund von einem speziell entwickelten, einseitig beschichteten und stahlverstärkten Gewebe, das zusätzlich mit einer Alufolie kaschiert wird, und einem Nadelvlies.
Dieses Gewebe ist mit einer intumeszierenden Beschichtung versehen, die auf Blähgraphit aufgebaut ist. Bei einer Umgebungstemperatur von mehr als 160 °C beginnt die Beschichtung des Funktionsmoduls sich aufzublähen, von einer ursprünglichen Dicke von 1,6 mm auf rund 40 mm. Frenzelit setzt auf ein dünnes textiles Material, das sich auf einer Wickelwelle platzsparend aufwickeln lässt und sich im Brandfall dann aufbläht und so die Abschirmung ermöglicht. Die Dicke des Gesamtaufbaus des Vorhangs beträgt etwa 2 cm und die aufgeblähte Version im Brandfall insgesamt 10 bis 10,5 cm. „Bei der Entwicklung dieser Blähgraphitschicht haben wir großen Wert daraufgelegt, dass ein kompakter, stabiler Schaum entsteht, sodass keine einzelnen Graphitpartikel herumschweben können, die eigentlich bei Erwärmung den Halt zueinander verlieren. Die Bildung eines Schaums verhindert dies“, erläutert Peter Jahn. „Zudem mussten wir eine gewisse Blähhöhe erreichen, um die nötige Isolationswirkung zu gewährleisten.“ Der Spezialist für Brandschutzgewebe liefert seinen Kunden den Gewebeverbund „isoGLAS FTI“ als Rollenware. Der eigentliche Feuerschutzvorhang inklusive des passenden Aufbaus wird vom Kunden konfektioniert und hergestellt.
Die einzelnen Lagen des Gewebeverbunds „isoGLAS FTI“ bestehen aus verschiedenen speziellen Geweben, Beschichtungen und Nadelvliesen.
Bild: Frenzelit
Materialtests bei über 900 °C
Die Brandschutzmaterialien werden umfassenden Tests unterzogen. Das Gewebe wird im Ofen mit steigenden Temperaturen anhand einer Einheits-
temperaturkurve bis zu 1.050 °C beaufschlagt, sodass die Prüfbedingungen stets gleich sind. Im Zeitablauf werden die Strahlungswärme sowie die Oberflächentemperatur gemessen und die optischen Veränderungen kontrolliert. Die Oberfläche des „isoGLAS“-Gewebes lässt sich auch nach 60 Minuten noch kurz berühren, ohne dabei Verbrennungen nach sich zu ziehen. Dies ist ein wichtiges Kriterium, wenn im Brandfall viele Menschen ein Gebäude zügig verlassen müssen: Sollten Personen versehentlich gegen den Schutzvorhang stoßen, hat dies keine negativen Auswirkungen.
Weitere Funktionsweisen
Neben dem Einsatz für Brandschutzvorhänge lässt sich das Gewebe auch für weitere Brandschutzlösungen einsetzen: Ein Beispiel sind Rohrdurchführungen in der Wand, die sich mit intumeszierendem Material so verschließen lassen, dass keine Flammen durchschlagen können. Ebenfalls können stationäre Batteriespeicherschränke, falls Batterien in Brand geraten sollten, durch das Frenzelit-Material abgeschirmt werden. So wird ein Übergreifen des Feuers auf das ganze Haus entsprechend der Schutzdauer verhindert.