Brandschutz an der vorgehängten hinterlüfteten Fassade (VHF)
Der Zustand absoluter Sicherheit ist im Leben selten zu erreichen, gleiches gilt für den Brandschutz. Die Fülle von Einflüssen und Veränderungen, welche sich während der Nutzungsdauer auf das Gebäude auswirken ist schlicht und einfach nicht planbar. So werden Gebäude in der Regel durch Bezug mit Brandlasten versehen, die sich der Kontrolle der Fachplaner entziehen. Textile Bodenbeläge und Wandbehänge, Elektronik, Kunststoffe, Holz, Papier usw. bergen hier ein erhebliches Potential, und durchaus übliche Reinigungsflüssigkeiten wie Spiritus und Nitroverdünnung haben gar das Zeug zum Brandbeschleuniger.
Deshalb liegt im Brandschutz das Ziel auch nicht unbedingt in der absoluten Brandvermeidung, sondern darin, ein tatsächlich ausgebrochenes Feuer räumlich zu begrenzen und möglichst allen Personen, die sich im Gebäude befinden, eine sichere Evakuierung zu ermöglichen. Dem vorbeugenden, baulichen Brandschutz kommt hier eine wichtige Aufgabe zu, denn, richtig ausgeführt, funktioniert über die gesamte Gebäudenutzungsdauer zuverlässig und unterliegt nicht den Risiken von Fehlverhalten und Fahrlässigkeit; nicht gewartete Sprinkleranlagen, verkeilte Brandschutztüren, verschlossene Notausgänge und ähnliche Folgen menschlichen Versagens haben schon zu Katastrophen geführt, die weder dem Planer, noch dem Ausführenden, und schon gar nicht einem Produkt angelastet werden können.
Vorgehängte Hinterlüftete Fassade
Eine vorgehängte hinterlüftete Fassade besteht in der Regel aus tragender Wand (Mauerwerk, Beton, (Holz-) Ständerwandkonstruktionen etc.), Unterkonstruktion, Dämmung, Luftschicht und Bekleidung. Als bevorzugtes Material für die Unterkonstruktion gelten heute stranggepresste Aluminiumprofile, es werden aber auch Holz und korrosionsfester Stahl eingesetzt. Die Aluminiumprofile, die auch dicke Dämmpakete aufnehmen können, sind in drei Dimensionen justierbar, was die Montage stark vereinfacht. Die Unterkonstruktion aus Aluminium muss fixe Haltepunkte sowie Gleitlager aufweisen, um die thermisch verursachten Ausdehnungen (bis max. 2,4 ‰, also bis 2,4 mm pro Meter) aufzufangen. Die Verankerung der Profile in der tragenden Wand muss statisch nachgewiesen werden; für die Verankerung der Bekleidung ist eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung oder ein Prüfzeugnis notwendig.
Als Dämmung kommen meist mineralische Baustoffe der Wärmeleitgruppen 040 und 035 zum Einsatz. Der FVHF (Fachverband Baustoffe und Bauteile für vorgehängte hinterlüftete Fassaden e. V.) empfiehlt deren Einsatz ausdrücklich bei allen VHF-Konstruktionen, denn die mineralische Dämmung gewährleistet neben dem baulichen Wärmeschutz auch einen ausreichenden Brandschutz, und zwar bei jeder Gebäudehöhe. Die Dämmung kann mechanisch befestigt oder geklebt werden. Die Systembestandteile sowie Anforderungen und Prüfgrundsätze einer VHF sind umfänglich in der DIN 18516-1 Außenwandbekleidung, hinterlüftet, Teil 1 beschrieben.
Die ganze Konstruktion einer VHF wird von innen nach außen dampfdiffusionsoffener, so dass gelegentlich geringe Mengen an Feuchtigkeit in die Dämmung gelangen. Damit diese schnellstmöglich ablüften kann, muss die Hinterlüftung grundsätzlich eine durchgehende Tiefe von mindestens 20 mm aufweisen. In begründeten Einzelfällen kann der Abstand auf 5 mm reduziert werden. Im Sockel- wie im Dachbereich muss allerdings ein Belüftungsquerschnitt ≥ 50 mm²/m eingehalten werden. An diesen Stellen sorgen Lochprofile dafür, dass ein Verschluss durch Verschmutzung verhindert und Kleintieren der Zugang verwehrt wird.
Die in der Fassade auftretenden Bewegungen müssen bei Entwurf und Konstruktion berücksichtigt werden. Windlasten und Temperaturschwankungen lassen die gesamte Fassade ‚arbeiten‘. Diesem Umstand ist mittels ausreichender Fugenbreiten sowie durch entsprechend dimensionierte Bohrlöcher Rechnung zu tragen. Die Fugenbreiten sind vom gewählten Bekleidungsmaterial abhängig. 10 mm breite Fugen gewährleisten einen voll ausreichenden Schlagregenschutz.
Brandausbreitung an der Fassade
Die Ausbreitung eines Brandes kann über die Fassade erfolgen. Dabei wird die Temperatur in einem Raum so hoch, dass die Fensterscheibe bricht, worauf die Flammen mit zusätzlichem Sauerstoff versorgt und hoch aus dem Fenster schlagen. Hält dieser Zustand ausreichend lange an, kann das Feuer die Scheiben höher liegenden Geschosses ebenfalls zerstören. Wird das Feuer hier nun durch weiteres brennbares Material genährt, kann es sich vertikal ausbreiten. Dieser beispielhafte Brandverlauf zeigt, dass die Gebäudegeometrie integrativer Bestandteil des vorbeugenden Brandschutzes sein kann. Ein Betonbalkon oberhalb des Sturzes zum Beispiel funktioniert in dieser Situation wie eine Abrisskante; die Flammen haben nicht die Möglichkeit diese vertikale Sperre zu überwinden. In einigen Fällen waren sogar Gesimse in der Lage, die Brandausbreitung auf diesem Weg zu unterbinden. Pyramidal zurückspringende Fassaden mögen zwar gestalterisch nicht mehr in unsere Zeit passen, aus Gründen des Brandschutzes haben sie aber weiterhin eine Berechtigung. Umgekehrt sind Innenecken bei Gebäuden stets besonders gefährdet. In solchen wird die Flamme einerseits wirksam gegen Wind geschützt und kann sich andererseits gut mit Sauerstoff versorgen. Deshalb tut man gut daran, entweder nur eine Gebäudewand mit Fenstern zu versehen oder diese zumindest in einem größeren Abstand zu setzen.
Brandschutzklassen
Die Anforderungen an den Brandschutz eines Gebäudes ergeben sich in der Regel aus den Landesbauordnungen (LBO) und können von Bundesland zu Bundesland leicht voneinander abweichen. In ihnen werden die Gebäude in fünf Gebäudeklassen eingeteilt, GK 1 – GK 5. Grob zusammengefasst müssen die ersten drei Gebäudeklassen – hierbei handelt es sich um Gebäude bis zu sieben Meter Höhe (gemessen von mittlerer Geländehöhe bis Oberkante Fußboden des obersten, zum Aufenthalt geeigneten Raumes) – „feuerhemmend“ ausgeführt werden. Die Gebäudeklasse GK 4 – Gebäude zwischen sieben und dreizehn Metern Höhe – muss hoch feuerhemmend gestaltet sein. Und an sonstige Gebäude, inklusive unterirdischer Bauten, wird der Anspruch an Feuerbeständigkeit gestellt. Den drei wenig greifbaren Bezeichnungen liegen die Feuerwiderstandsklassen F 30, F 60 und F 90 zugrunde. Diese besagen, dass ein Bauteil im Brandfall dem Feuer 30, 60 oder 90 Minuten widerstehen kann, ohne in seiner Funktion zu versagen. Die einzelnen Baumaterialien werden gemäß DIN EN 13501 ebenfalls in Klassen eingeordnet, wobei die Klassen A 1 und A 2 als „nicht brennbar“ gelten.
Brandsperren
Die Hinterlüftung einer VHF entfaltet über die gesamte Standzeit eines Gebäudes ihre segensreiche Wirkung, indem sie anfallende Feuchtigkeit zuverlässig und schnell abführt. Damit sie im Brandfall nicht zum Problem wird – schlimmstenfalls kann es zu einem Kamineffekt kommen, der der Brandausbreitung Vorschub leistet – sind entsprechende Vorkehrungen zu treffen, das schreibt § 28 Abs. 4 der Musterbauordnung klar vor. Man löst diese Aufgabe, indem man Brandsperren montiert, welche den Hinterlüftungsquerschnitt alle zwei Geschosse schließt oder erheblich reduziert, und zwar auf ≤ 100 cm² pro laufender Meter. Zum Einsatz kommen hier einfache, bzw. zweifach gekantete Stahlbleche. Dabei dürfen die Tiefen der Hinterlüftung bei Holz-UKs höchstens 50 mm, bzw. bei Aluminiumprofilen maximal 150 mm betragen. Die Brandsperren können zwischen Dämmstoff und Fassadenmaterial montiert werden, sofern der Schmelzpunkt der Dämmung oberhalb 1000 °C liegt (Mineralwolle). Der Feuerwiderstand gilt als ausreichend, sofern das Blech mindestens 1 mm dick ist und die Befestigungspunkte nicht weiter als 600 mm auseinanderliegen. Eine Überlappung von ≥ 30 mm ist sicherzustellen. Inzwischen sind Systeme auf dem Markt, bei denen die Brandsperre in der Dämmebene liegt. Dazu werden Mineralwoll-Elemente in die Dämmung eingeschoben, die eine durch Abstandhalter definierte Distanz zum Fassadenmaterial einhalten.
Fazit
Die VHF erlaubt nicht nur eine hohe Variabilität in der Fassadengestaltung, sie stellt, gerade auch mit Blick auf den baulichen Brandschutz, eine sehr sichere Variante dar. Ein Systemaufbau, bestehend aus einer Aluminium-UK, einer mineralischen Dämmung und einem Bekleidungsmaterial der Brandschutzklasse A2, wie der Fassadenplatte „Alucobond“ von 3A Composites, ist weltweit im Einsatz und erfüllt sämtliche Anforderungen.