Entrauchungssysteme: Blick in die Praxis

Wie sich Kosten und Technik heute optimieren lassen

Entrauchung ist nicht eben das Lieblingskind der Gebäudeplanung, aber im Brandfall lebensrettend. Sie schützt vor giftigen Verbrennungsprodukten und Sichtbehinderungen. Das ermöglicht eine gefahrlose Räumung des Gebäudes und erleichtert die Löscharbeiten.

Noch immer fordern Brände Menschenleben und vernichten erhebliche Sachwerte. Das gilt auch im technologisch hoch entwickelten Deutschland. Zu den Haupttodesursachen zählt vielfach giftiger Brandrauch. Vor dem Hintergrund sind die frühzeitige Erkennung und gezielte Eingrenzung von Bränden entscheidend – aber auch die Schaffung einer rauchfreien Zone für die Evakuierung von Personen.

Maßgebliche Normen

Eine etwa 2,5 m hohe raucharme Schicht schützt im Brandfall die zu Evakuierenden vor gefährlichen Rauchgasen. Sie zu gewährleisten ist eine sehr komplexe Aufgabe, die jedoch mit modernen Steuermodulen und funktionaler Parametrierung schnell und einfach umzusetzen ist.

Für die Dimensionierung und Auslegung von Entrauchungssystemen sind die Normen DIN 18232-2, DIN 18232-5 und VDI 6019 maßgeblich. Die funktionale Sicherheit von elektrischen, elektronischen und programmierbaren elektronischen Steuerungssystemen (E/E/PES) definiert der internationale Standard IEC 61508. Die praktische Umsetzung hängt stark von den Gegebenheiten der Situation vor Ort ab. Der Großteil der Entrauchungskonzepte basiert auf dem Schichtprinzip und einer vertikalen Luftströmung. Diese entsteht durch die Nutzung und Förderung der natürlichen Wärmekonvektion oder wird aktiv durch Ventilatoren hergestellt. Es gibt aber noch viele weitere Entrauchungsmethoden, z. B. Verwirbelungen.

Planung und Kosten

Wie hoch die Rechnung für die Entrauchungsanlage ausfällt, hängt ganz entscheidend von der eingesetzten Technik ab. Denn die Aufgabe, die sie zu erfüllen hat, ist alles andere als trivial: Das System muss eine Vielzahl von Meldungen sammeln, verknüpfen und auswerten, um auf der Basis dieser Analysen Steuerbefehle an Ventilatoren, Zu-, Abluft- oder Rauchschutzklappen zu senden sowie Meldungen ausgeben.

Wie so ein System grundsätzlich reagiert, wird zunächst von einem Fachplaner festgelegt: Hierbei werden die Risiken analysiert und darauf aufbauend eine Brandschutzkonzeption erstellt. Nun beginnt die Arbeit des TGA-Planers: Er entwickelt die Brandschutzkonzeption zu einer geräteunabhängigen Brandfallsteuermatrix weiter, die festlegt, welche Komponenten unter welchen Umständen wie angesteuert werden müssen.

Vermeidbare Kosten entstehen heute immer noch im nächsten Entwicklungsschritt: nämlich dann, wenn die Brandfallsteuermatrix in einen gerätespezifischen Code umgeschrieben werden muss. Ein Grund hierfür ist z. B., weil eine nicht mehr zeitgemäße Steuer-Hardware nur maschinennahe Befehle akzeptiert. Diesen aufwändigen und fehleranfälligen Kodierungsprozess muss der Sachverständige bei der Prüfung und Abnahme der Anlage noch einmal leisten, dieses Mal in umgekehrter Richtung – eine nicht gerade kosteneffiziente Herangehensweise.

Befehlsstruktur

Bei modernen Entrauchungssystemen entfällt der eben beschriebene zusätzliche Codierungsschritt. Bei Hosch Rigento werden sie so entwickelt, dass ihre Befehlsstruktur praktisch 1:1 der Brandfallsteuermatrix entspricht. Es sind lediglich Parametrierungen erforderlich. Dieses System kann auch der jeweilige Prüfsachverständige rasch und einfach nachvollziehen.

Bei der Inbetriebnahme hilft außerdem Kollege Smartphone, der sämtliche Anzeige- und Bedienfunktionen portabel macht. Die Software steuert im Probebetrieb selbsttätig alle Klappen an, prüft sie auf korrekte Funktion und misst automatisch die Laufzeiten. Nach wenigen Minuten liegen die Ergebnisse vor und werden in einem Inbetriebnahme-Protokoll dokumentiert. Hier sieht man sofort, wo es noch hakt und kann schnell und gezielt korrigieren und optimieren.

Ring- statt Sterntopologie

Kostensparend sind zudem moderne Bussysteme. Sensoren und Aktoren werden nicht mehr durch aufwändige Point-to-Point-Verkabelungen miteinander vernetzt, sondern über einen fehlertoleranten Ringbus, der nach einer Unterbrechung als linear arbeitender Stichbus weiter funktioniert. Am zentralen Feuerwehrtableau kommt dann nicht mehr ein ganzes Kabelbündel an, sondern nur ein Ein- und Ausgangskabel. Der Abstand zwischen zwei Busmodulen darf bis zu 1,2 km betragen. Damit wird man allen baulichen Gegebenheiten ohne zusätzliche Verstärker gerecht. Dies zeigte sich bspw. bei der Sanierung des Hamburger St.-Pauli-Elbtunnels. Er wurde im Zuge einer Grundsanierung mit einer Entrauchungssteuerung vom Typ Rigento S3 von Hosch ausgerüstet.

Kosten ja, aber nur notwendige

Entrauchung ist auch im Zeitalter der Digitalisierung ein Kostenfaktor, aber die Technik hat sich weiterentwickelt. Funktionale Hard- und Software machen heute so manchen Arbeitsschritt überflüssig.

Weiterführende Informationen sowie mehr zu dem Thema Entrauchung und dem System Rigento bietet Hosch auf seiner Internetseite www.rigento.de.

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