Neue Entrauchungs-Steuerung für alten Elbtunnel
Der 1911 eröffnete Elbtunnel wurde bis zu seiner teilweisen Stilllegung im Jahr 2010 von circa 200 Mio. Menschen unterquert. Anfang der 2000er Jahre wurde eine Grundsanierung der beiden Tunnelröhren beschlossen. Im Zuge der Restaurierung und Instandsetzung werden unter anderem auch die Brandschutzsysteme erneuert.
Im ersten Bauabschnitt wurde die Oströhre in Betrieb genommen. Für die Feuerwehr wurde eigens die Möglichkeit geschaffen, von der Leitwarte Steinwerder und St. Pauli die Entrauchungssteuerung gleichberechtigt zu bedienen. Ebenso wurde die zentrale Leittechnik (ZLT) befähigt, die Entrauchungssteuerung in Abhängigkeit der CO-Werte ein- bzw. auszuschalten. Des Weiteren besteht ebenfalls die Möglichkeit eines Handeingriffs durch das Fachpersonal vor Ort.
Funktionale Sicherheit
Im Brandfall übernimmt das Entrauchungssteuerungssystem sofort und uneingeschränkt die Steuerung der Anlagen gemäß einer vorgegebenen Brandfallsteuermatrix. Die rückwirkungsfreie Integration in die ZLT erfolgt über ein „rigentoS3-BACnet/IP-Gateway“.
Im Entrauchungssteuerungssystem sind insgesamt 54 Busmodule verbaut, verteilt auf insgesamt sechs ISPs. Die Ausführung erfolgte als F90-Installation. Das Sicherheitsbussystem „rigentoNET“ verbindet alle Busmodule untereinander (Sicherheits-Ringbus). Das Buskabel wurde hierbei in beiden Tunnelröhren unter der Elbe verlegt. Die Distanz zwischen zwei Busmodulen im ISP01 (Steinwerder) und dem ISP04 (St. Pauli) beträgt rund 650 m.
Die integre Datenübertragung durch das Sicherheitsbussystem „rigentoNET“ sorgt für eine effiziente Kommunikation, wobei die maximale Distanz von bis zum 1.200 m zwischen zwei Busteilnehmern realisiert werden kann. Zur dynamischen Steuerung der Entrauchung werden die Windgeschwindigkeit im Tunnel sowie die Windrichtung (über Land, Einbindung einer Wetterstation via ZLT) im Brandfall ausgewertet. Die Daten werden von der installierten ZLT ermittelt und dem Entrauchungssystem an der definierten Hardware-Schnittstelle zur Verfügung gestellt.
Bluetooth-Schnittstelle
Die Entrauchungssteuerung verfügt mit der Applikation „rigentoAPP“ und dem zugehörigen Hardwaremodul „rigentoBT“ über ein Werkzeug für Inbetriebnahme, Wartung und Diagnose. Die App wird auf einem Smartphone installiert und liefert Echtzeitdaten im Automatik-, Service- und Konfigurationsbetrieb. Ein Hardwaremodul wird direkt in die RJ45-Buchse am Busmodul oder an die Automationsstation „AS-ER“ gesteckt.
Funktionen und Eigenschaften
Die Datenübertragung startet nach kurzer Zeit und liefert Informationen über das Busmodul, wie Gerätetyp, Seriennummer, Version der Firmware, Zustand der Eingänge, Anzeige gültiger Szenarien oder Anzeige von Störungen. Darüber hinaus können auch unmittelbar Aktionen ausgeführt werden:
Überprüfen der Busmodule
Schalten aller Busmodule während der Inbetriebnahme
Schalten der Relaisausgänge (je nach Busmodul-Typ)
Testen der LED (alle Busmodule)
Einstellen der Uhrzeit (Busmodul TM)
Schalten der Spannungsbrücke (Durchschalten Betriebsspannung)
und einiges mehr.
Systemimmanentes Matrixsystem
Die Entrauchungssteuerung „rigentoS3“ befähigt Brandschutzplaner, mit einem PC-Planungstool (Basis VDMA 24200-1) Risikoanalysen für Gebäude anzufertigen. Für die Inbetriebnahme ist statt aufwändiger Programmierung nur noch eine Parametrierung erforderlich. Sogar eine redundante Ausführung (SIL3-zertifiziert) ist flexibel projektierbar. Einzelzulassungen sind dank TÜV-Zertifikat nicht notwendig.
Besonderheiten der Entrauchungssteuerung im Elbtunnel
– Das Sicherheits-Ringbussystem verringerte den Verkabelungsaufwand und damit auch die Brandlasten
– Weil „rigentoS3“ als Komplettsystem bereits TÜV-zertifiziert ist, konnte auf Einzelzulassungen verzichtet werden
– Die im Normalfall aufwändige Programmierung der Anlage entfiel ebenso. Stattdessen stellt ein Softwaretool eine bedienerfreundliche Ein- und Ausgabematrix zur Verfügung, mit der das System nur noch parametriert werden musste
Anlagenkomponenten und Entrauchungstechnik
– „AS-ER“-Automationsstation Entrauchung
– Busmodule Typ BMA zur Kopplung mit Brandmeldeanlage
– Busmodule Typ FET für zwei gleichberechtigte Feuerwehrtableaus,
jeweils eines in Leitwarte St. Pauli und Steinwerder
– Busmodul Typ LT zur Steuerung der Ventilatoren (Stufe 1 und Stufe 2)
via ZLT (Zentrale Leittechnik), Steuerung Fluchtrichtungsanzeige
– 14 Szenarien, dynamische Steuerung der Szenarien
– 54 Busmodule verbaut, Distanz zwischen zwei Busmodulen: 650 m
– 2 Entrauchungsventilatoren (Wechsel der Drehrichtung)
– Nutzung der Funktion Firemode, Danfoss VLT HVAC Drive FC 102
– Redundante Einspeisung der Spannungsversorgung
– BACnet/IP-Schnittstelle