Rauchfreihaltung von Flucht- und Rettungswegen
Architektonische Qualität, einzigartige Räumlichkeiten sowie künstlerische Vielfalt treffen in der Elbphilharmonie aufeinander. Das neue kulturelle Wahrzeichen Hamburgs ist am 11. und 12. Januar 2017 feierlich eröffnet worden.
Erbaut auf dem backsteinroten Sockel des ehemaligen Kaispeichers A, erstreckt sich ein gläserner Gebäudekomplex der Elbphilharmonie auf bis zu 110 m Höhe und verleiht der Stadt Hamburg ein neues Highlight. Das Schmuckstück der Hamburger HafenCity beinhaltet nicht nur drei Konzertsäle, sondern u.a. auch das Westin Luxus-Hotel, einen Gastronomiebereich und 45 exklusive Wohnungen.
Konzertsaal der Extraklasse
Insgesamt werden die 200.000 t des Gebäudes von 1.745 im Elbboden verankerten Grundpfeilern getragen. In Zusammenarbeit mit dem international anerkannten Akustiker Yasuhisa Toyota gelang es dem Schweizer Architekturbüro Herzog & de Meuron, einen Konzertsaal der Extraklasse zu entwerfen. Kein Zuhörer sitzt weiter als 30 m von der zentriert gelegenen Bühne entfernt.
„Das Herz der Elbphilharmonie“ mit seinen 10.000 3D gefrästen Gipsfaserplatten, die für die einzigartige Akustik sorgen, umfasst 2.100 Sitzplätze, ist damit fast so groß, wie die Berliner Philharmonie (mit 2.440 Plätzen). Die „Tube“, eine 80 m lange, leicht gekrümmte Rolltreppe, befördert die Besucher auf die sechste Etage des Gebäudes und bietet einen kleinen Vorgeschmack auf die exklusive Lage des Gebäudes durch ein großes Panoramafenster. Eine zusätzliche Rolltreppe führt die Besucher schließlich zu einem weiteren Highlight, dem raffinierten Übergang vom Backsteinfundament zum eigentlichen Neubau. Die Plaza ist die öffentlich zugängliche Aussichtsplattform. Brandschutztechnisch sind die 17 Treppenhäuser und vier Feuerwehraufzüge interessant.
Flucht- und Rettungswege
Die Rauchfreihaltung von Flucht- und Rettungswegen – insbesondere von notwendigen Treppenräumen und Feuerwehraufzügen – ist eine wichtige Voraussetzung, um eine Evakuierung von Menschen und einen Löschangriff der Feuerwehr zu ermöglichen.
In den Treppenräumen, Feuerwehraufzügen und Vorräumen wird mit der Differenzdruckanlage ein Überdruck erzeugt – gegenüber der Nutzungseinheit. Somit wird das Eindringen von Rauch in die Fluchtwege verhindert.
Die Differenzdruckanlagen zur Rauchfreihaltung von Sicherheitstreppenräumen und Feuer- wehraufzügen werden vielfach mit dem Begriff „Druckbelüftung“ beschrieben. Dabei handelt es sich jedoch um ein Missverständnis!
Nicht der Überdruck im geschützten Bereich (z.B. Treppenraum) verhindert den Rauch- eintritt, sondern der Druckunterschied zwischen Druckraum (z.B. Treppenraum) und dem nachfolgenden notwendigen Flur. Erst wenn dieser Druckunterschied als Druckgefälle vom Druckraum zum Flur gerichtet ist, kann die Rauchfreihaltung garantiert werden. Dann handelt es sich um eine Differenzdruckanlage.
Die insgesamt 17 Sicherheitstreppenräume und 4 Feuerwehraufzüge sind in 3 Bereichen (Kernen) des Gebäudes zusammengefasst. Die Abluftwege sind in erster Linie mit 5 Abluftschächten, die über das Dach führen, gesichert. Teilweise münden mehrere Treppenräume im selben notwendigen Flur und müssen sich somit einen Abluftschacht teilen. Die Türen der verschiedenen Treppenräume sind teilweise unterschiedlich groß, was wiederum eine unterschiedliche Luftmenge für die Sicherstellung des Schutzziels erforderlich macht. Die Abluftschächte sind z.T. komplexe Installationsschächte mit vielen Einbauten. Dies beeinflusst den Durchströmdruckverlust des Abluftschachtes und macht etagenabhängige Betriebspunkte der Abluftventilatoren erforderlich.
Anlagenkonzept
Um die genannten und weiteren Anforderungen optimal erfüllen zu können, war die Umsetzung einer besonderen Steuerungstechnik aller Zuluft- und Abluftventilatoren erforderlich. Im Rahmen der Planung hat sich Strulik (www.strulik.com) bewusst gegen eine Druckregelung entschieden. Eine elektrische oder auch mechanische Druckregelung kann erst reagieren, wenn der zulässige Druck an den Türen des Treppenraumes schon überschritten worden ist. Die Reaktion der Anlage erfolgt bei mechanischer Druckregelung sehr schnell, bei elektrischer Druckregelung immer zu langsam. Für die Druckbelüftungsanlagen der Elbphilharmonie wurde ein Steuerungskonzept mit Drehwinkelgebern an den Türen der Treppen- räume und der Aufzugsvorräume gewählt. So können die Ventilatoren schon in der Drehzahl angepasst werden, während die Türen in der Brandetage noch in Bewegung sind. Die Türen sind mit Drehwinkelgebern ausgestattet.
Lösung für rauchfreie Fluchtwege
Druckbelüftungsanlagen in Sicherheitstreppenräumen müssen bei Alarm an den Schleusentüren in der Brandetage beachtliche Luftmengen bereitstellen. Wenn die Türen geöffnet werden, strömt die Luftmenge durch die Schleuse in die Etage ein. Bei geschlossenen Türen ist der Luftvolumenstrom sofort auf ein Minimum zu reduzieren. Die neueste und sicherlich beste Möglichkeit zur Steuerung der Zuluft- und Abluftventilatoren ist der Drehwinkelgeber der Firma Strulik.
Die Idee, die zur Entwicklung des Drehwinkelgebers geführt hat, ist denkbar einfach: Es wird nicht gewartet, bis die öffnende oder schließende Schleusentür eine Druckänderung im Treppenraum erzeugt hat. Mit dem Drehwinkelgeber wird der Öffnungswinkel der Tür gemessen, an die Steuerung übertragen und dort verzögerungsfrei die notwendige Drehzahl der Ventilatoren ermittelt. Die eingesetzten Frequenzumrichter und Ventilatoren können innerhalb von 2 Sekunden auf die ermittelte Drehzahl eingestellt werden. Durch diese gesteuerte Lösung ergeben sich zwei unschlagbare Vorteile: Der Zeitraum für die lufttechnische Inbetriebnahme ist sehr kurz und kann somit weit ans Ende der Bauphase geschoben werden. Weiterhin sind sehr große Türen und enge Abluftwege kein Problem mehr. Die Sicherheitstreppenräume und Feuerwehraufzüge sind in drei Kernen angeordnet.
Je Kern ist ein zentraler Hauptverteiler installiert, der mit allen Verteilern in diesem Kern kommuniziert. Die Zuluftventilatoren der Druckräume sind mit je einen Unterverteiler ausgestattet. An diese sind die Ventilatoren, die Alarmierung der BMZ und die zugehörige Steuerklappe der Druckentlastung angeschlossen. Jede Zuluftanlage ist somit autark.
Gleiches gilt für die Abluftventilatoren, die jedoch keine Alarmierung durch die BMZ erhalten. Als kleinstes Glied sind in den Treppenräumen die Etagenverteiler untergebracht. Die Drehwinkelgeber, Entrauchungs- und Jalousieklappen werden in Abhängigkeit eines Etagenalarms aktiviert.