Rechtliche Vorgaben und ihre Umsetzung in der Praxis
Bei Wanddurchdringungen zwischen Schachtwänden und Innenräumen ist eine brandschutztechnische Abschottung obligatorisch. Allerdings gibt es dabei montagetechnisch gesehen Besonderheiten zu beachten. Wie es geht, zeigt dieser Beitrag – auch bei Leichtbauwänden.
Hierzu ein Blick in die Musterbauordnung (MBO). In § 40 Leitungsanlagen, Installationsschächte und -kanäle heißt es unter Absatz 1: „Leitungen dürfen durch raumabschließende Bauteile, für die eine Feuerwiderstandfähigkeit vorgeschrieben ist, nur hindurchgeführt werden, wenn eine Brandausbreitung ausreichend lang nicht zu befürchten ist oder Vorkehrungen hiergegen getroffen sind; …“ Weitere Anforderungen nennen die Muster-Leitungsanlagen-Richtlinie (MLAR) und die Muster-Hochhaus-Richtlinie (MHHR).
In den Vorgaben werden keine Aussagen über die Materialstärken getroffen. Es wird lediglich von „raumabschließenden Bauteilen“ oder von „feuerhemmenden“ bzw. „feuerhemmenden bis feuerbeständigen“ Wänden/Decken gesprochen. Ganz im Gegensatz hierzu findet man in An- bzw. Verwendbarkeitsnachweisen aber sehr wohl Angaben über die Qualität und die Stärke der Bauteile.
So fordert die Bauartgenehmigung (aBG) für die Brandschutzmanschette „Pacifyre AWM II“ von Walraven Bauteil- bzw. Wandstärken von minimal 10 cm für leichte Trennwände und Massivwände und minimal 15 cm für Massivdecken. Die Montage soll mit Gewindestangen erfolgen, was sich jedoch bei Schachtwänden kaum umsetzen lässt.
Was bei Schachtwänden zu tun ist
Aus der MLAR beziehungsweise aus dem Abschnitt „Erleichterungen“ des MLAR-Kommentars von Lippe, Czepuck, Möller und Reintsema lässt sich folgendes Vorgehen ableiten: Bei der Durchführung von brennbaren und nicht brennbaren Rohrleitungen ist nach dem Aufdoppeln der Schachtwand mittels Kernbohrer eine passgenaue Bohrung (Ringspalt ca. 20 mm) auszuführen. Danach ist die Leitung zu installieren und zu befestigen. Am Schluss ist der Ringspalt mit Mineralwolle (Schmelzpunkt oberhalb 1000 °C) fest zu verstopfen. Eine alternative Lösungsmöglichkeit bietet die Walraven „Pacifyre MK II“ Brandschutzmanschette. Aufgrund ihrer Bauform eignet sich diese Manschette als sognannte Durchsteckmanschette, mit der ein flexibler Ringspaltverschluss aus Mörtel oder Gips möglich ist. Bauartbedingt ist keine zusätzliche Befestigung nötig, was die Montage stark vereinfacht und letztlich auch beschleunigt.
Ausführung: Nach dem Aufdoppeln der Schachtwand wird mittels Kernlochbohrer eine passgenaue Bohrung (Ringspalt ca. 20 bis 30 mm) vorgenommen. Danach ist die Leitung zu installieren und die „Pacifyre MK II“ Brandschutzmanschette zu befestigen. Die Manschette kann durch das Kernloch geschoben werden. Der Ringspalt ist mit formbeständigen nicht brennbaren Baustoffen zu verschließen. Damit entfällt die Befestigung auf der Schachtinnenseite, die bei herkömmlichen Brandschutzmanschetten mittels Gewindestab realisiert werden müsste.
Die Befestigung der Aufdopplung ist immer nach Vorgabe des jeweiligen Plattenherstellers auszuführen. Diese Ausführung ist zwar laut allgemeiner Bauartgenehmigung der „Pacifyre MK II“ Brandschutzmanschette nicht abgedeckt, aber unter Beachtung der Schutzziele nach Meinung des Autors als nicht wesentliche Abweichung zu beurteilen.
Brandschutzgründe stehen der Verwendung von Leichtbauwänden nicht entgegen. Auch in Schachtwänden sind Abschottungen von Leitungsanlagen grundsätzlich möglich und ohne großen Aufwand fach- und regelgerecht umsetzbar. Wichtig dabei ist es, die gesetzlichen Vorgaben und die Aussagen der An- bzw. Verwendbarkeitsnachweise zu beachten. Darum sicherheitshalber vor dem Einbau mit dem Verwendbarkeitsinhaber und/oder der abnehmenden Institution abstimmen.
Interview zur Umsetzung in der Praxis
Karl-Heinz Ullrich, Sachverständiger für gebäudetechnischen Brandschutz (EIPOS) in der Anwendungstechnik Brandschutz bei Walraven stellte sich ein paar ergänzenden Fragen der Redaktion.
BS Brandschutz: Welche Fehler passieren häufig bei der Planung der Brandschutzabschnitte? Oder anders gefragt: Was wird häufig übersehen bzw. vergessen zu berücksichtigen?
Karl-Heinz Ullrich: Aus Sicht eines Installateurs oder Monteurs – und auch eines beratenden Brandschutzexperten - wird bei Durchdringungen leider oftmals viel zu wenig Platz eingeplant. Zur Leitung gehören auch Dämmung und Befestigung. Dies kann den benötigten Platz verändern. Zu viel Platz kann man nicht haben, zu wenig schon. Hilfreich wäre auch eine Abstimmung der einzelnen Gewerke wie Installateur, Elektriker und Lüftungsbauer vor Umsetzung der Installation.
BS Brandschutz: Worauf sollte bei der Detailplanung der Rohrdurchführungen besonders geachtet werden?
Karl-Heinz Ullrich: Es sind immer wieder die Abstände zwischen Systemen mit unterschiedlichen Zulassungsnummern, die Probleme bereiten. Leider ist es den Herstellern aus Kostengründen nicht möglich, sämtlich erdenkbare Konstellationen zu prüfen. Deshalb sollten bei der Durchbruchsplanung die Abstände zwischen den Systemen mehr Berücksichtigung finden. Bei Zweifel empfehlen wir, den Verwendbarkeitsnachweisinhaber zu kontaktieren.
BS Brandschutz: Nicht selten werden Wandstärken, Wandaufbauten oder Leitungsmaterialien geändert. Was sollte vor der Installation in diesem Zusammenhang beachtet werden?
Karl-Heinz Ullrich: In den An- und Verwendbarkeitsnachweisen sind Mindestbauteilstärken angegeben, die nach Möglichkeit umge-
setzt werden sollten. Bei Änderung der Materialien bzw. der Dimension ist es unumgänglich, dass entsprechende Abschottungs-
system auf Zulässigkeit zu prüfen. Auch hier empfehlen wir immer, den Verwendbarkeitsinhaber zu kontaktieren.