Türen und Tore im Brandschutz
Drei Experten analysieren und diskutieren die aktuelle Situation und die Entwicklung für Feuerschutzabschlüsse – im Volksmund Türen und Tore. Dabei sind Josef Faßbender, öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für das Metallhandwerk, Architekt Reinhard Eberl-Pacan, Brandschutzplaner, und Dr. Stefan Klöpfer, Bereichsleiter Entwicklung/Konstruktion bei Teckentrup.
Eleganz und Brandschutz: Dieses puristische Stahl-Schiebetor sorgt für Sicherheit in der neuen Zentrale der Firma Weisenburger in Karlsruhe. Architekt: Tadao Ando
Bild: Christian Eblenkamp / Teckentrup
Normen und die Realität vor Ort, Sicherheit auf der einen, Architektur und Design auf der anderen Seite, Fehlerquellen beim Einbau, Gefahren im Betrieb: In einem facettenreichen Expertengespräch beleuchten die Fachleute die aktuelle Situation beim Brandschutz mit Feuerschutzabschlüssen (FSA) – im Volksmund Tür oder Tor genannt. Die Durchgänge spielen für den Brandschutz eine besondere Rolle, denn sie vereinen oft gleich mehrere Funktionen: Die Tür (oder das Tor) muss im richtigen Zeitpunkt geschlossen sein, um im Brandfall die Ausbreitung des Feuers zu verhindern, aber der Fluchtweg muss frei bleiben. Sie soll (nur berechtigte) Menschen hindurchlassen – Schall und Kälte jedoch möglichst nicht. Einfache Montage und möglichst lange Funktionsfähigkeit sind weitere Ansprüche von Verarbeitern und Betreibern.
Eberl-Pacan: Oft dominiert in meiner Wahrnehmung nach wie vor das gestalterische Element die Entwurfspraxis in den Architekturbüros und leider ist auch häufig das notwendige Wissen zur Brandschutz- und Fluchtwegeplanung nicht vorhanden. Aus dieser Erkenntnis heraus haben wir uns mit unserem Büro als Experten auf genau dieses Feld spezialisiert.
Faßbender: In der Planungsphase wird oft die Detaillierung vernachlässigt. Das führt schnell zu Problemen bei der Ausführung – wenn eben nicht frühzeitig über Punkte wie Mauerwerksbildner, Brandmeldeanlage oder Zutritts-Kontrollsysteme gesprochen wurde. Besser funktioniert es, wenn fachkundige Berater von Anfang bis Ende begleiten, also von der Planung über die Ausführung bis zum Betrieb. Als Positiv-Beispiel: Die Beratung ist kein Kostentreiber, vielmehr kann sie sogar dazu führen, dass im Vorfeld günstigere Lösungen gefunden werden. In einem Fall haben wir die Technik von Drehflügelantrieben auf günstigere Alternativen umgestellt. Das hat unter dem Strich ca. 250.000 Euro gespart – mit einem Arbeitsaufwand von rund fünf Stunden.
Wie wichtig sorgfältige Planung ist, zeigt sich schon daran, dass in dieser Phase bereits rund 80 Prozent der gesamten Baukosten festgelegt werden und Änderungen danach sehr aufwändig sind. Daher lohnt es sich sehr, in die Planung zu investieren. Vor allem Zeit.
Klöpfer: Wir stellen Defizite an verschiedenen Stellen der Customer Journey fest, wobei es mutmaßlich an Know-how fehlt. Im Rahmen des Angebots- und Beauftragungsprozesses wird dann der Kontakt zur eher planerischen Beratung im Hinblick auf den Brandschutz genutzt. Im schlechtesten Fall erfahren wir erst nach der kundenseitigen Abnahme von Problemen und die Frage geht dann in die Richtung, ob das Element noch ertüchtigt werden kann.
Eine Ursache dieser Herausforderungen liegt auch darin, dass Türen und Tore neben dem Brandschutz auch weitere Funktionen zu erfüllen haben – vom Rauchschutz bis zum Einbruchschutz. Das macht die Produkte komplexer und Planer sowie Monteure müssen auf viele Details achten, wodurch die Gefahr für Fehler steigt.
Normung: DIN und EN – wie ist der Stand bei der Umstellung von der deutschen auf die Europäische Norm.
Klöpfer: Unterschiedlich. Bei Toren existiert bereits eine harmonisierte Norm – problematisch war hier weniger der Brandschutz, sondern der verzögerte Normen-Teil zu Rauchschutz und Dauerfunktion. Bei Türen ist es für die Hersteller leider recht aufwändig durch die Koexistenz von DIN und EN. Während die Norm für Außentüren vorliegt bzw. Anwendung findet, ist das für die Innentüren – auch auf absehbare Zeit – noch nicht der Fall. Folglich haben wir als international agierendes Unternehmen mit einer Vielzahl von nationalen Regelungen innerhalb der EU zu tun.
Wir prüfen nach beiden Normen und wir werden nach beiden Normen überwacht – das ist ein erheblicher Aufwand, weil die Anforderungen eben nicht deckungsgleich sind.
Eberl-Pacan: In der Praxis ist die Euro-Norm noch gar nicht angekommen. In Deutschland wird das aufgeschoben bis zum Ende der Koexistenzphase. Zum Teil vermisse ich sogar das Wissen über die Eigenschaften bestimmter normativer Vorgaben, beispielsweise zur dichtschließenden Tür.
Faßbender: Durch die noch nicht einheitliche Normung entsteht auch auf der Baustelle eine Gefahr. Ein Beispiel verdeutlicht das: Es ist vorgekommen, dass die Bauabnahme für T90-Türen verweigert wurde, weil für diese nur eine europäische, aber keine deutsche Prüfung vorlag. Folge: Diese Türen mussten ausgebaut und ersetzt werden. Hintergrund ist eine Fehl-Interpretation des CE-Zeichens – ich nenne es gern den „Reise-Pass für ein Produkt“: Es erlaubt den freien Handel in der EU – aber nicht überall das „Arbeiten“. Produkte mit CE-Kennzeichen dürfen EU-weit verkauft, aber nicht überall eingesetzt werden.
Leider ist auch das Interesse auf Seiten vieler Betriebe nicht allzu hoch, die Belegschaft hier fit zu machen und auszubilden. Der Appell kann nur lauten: In Mitarbeiter und deren Wissen investieren!
Klöpfer: Als Hersteller sind wir besonders in der Pflicht und müssen uns frühzeitig auf veränderte Rahmenbedingungen einstellen – Normen, Verordnungen etc. Damit wir jederzeit die richtigen Lösungen anbieten können, haben wir ein spezielles Kompetenzteam aufgebaut und streben auch an, stärker im Normenwesen mitzuarbeiten. Nicht zuletzt vor dem Hintergrund, dass die Zahl der Normen eher weiter wächst, zum Beispiel durch neue Entwicklungen wie der dynamischen Fluchtwegleitung mit intelligenten Produkten.
Eberl-Pacan: Ganz wichtig ist, dass die Bauleitung sich ihrer Rolle in der Bauüberwachung bewusst wird. Selbst wenn wir in die Planung eingebunden sind, stehen wir nicht neben den Monteuren und schauen, welche Türen wo eingebaut werden. Wenn ein abweichender Einbau erfolgt, muss das vorab geklärt werden – oder, wie geschildert, muss die Tür im schlimmsten Fall wieder ausgebaut werden.
Eberl-Pacan: Im Wohnungsbau sind nur wenige Türen für den Brandschutz wichtig. Oft geht es nur um die zum Treppenhaus – Öffnungen in einer Brandwand sind im Wohnungsbau selten und der Schallschutz wird hier zum „besten Freund des Brandschutzes“, weil eher aus diesem Grund darauf geachtet wird, dass die Türen geschlossen bleiben. Knackpunkt im Wohnbau ist eher der Keller. Hier sollten Verwaltungen genau hinschauen, gegebenenfalls gemeinsam mit einem Sachverständigen. Das gilt übrigens besonders für den Bestand, in dem die Brandschutztür vom Treppenhaus in den Keller häufig nicht mehr in dem Zustand ist, in dem sie für zuverlässigen Brandschutz sorgt. Die größere Gefahr für den Menschen liegt übrigens auch hier in der Rauchentwicklung.
Wesentlich mehr Bedeutung bekommt der FSA in Sondergebäuden im Industriebau, wenn Einheiten über mehrere Brandabschnitte hinweg gebildet werden.
Klöpfer: Der Wohnungsbau ist nicht das große Marktfeld für FSA. Aber gerade hier kennen wir den Fall, dass eine Brandschutztür irgendwie offen gehalten wird. Verkeilt oder mit einem Band an der Wand gehalten, wird so ihre Schutzfunktion ausgehebelt, obwohl es technische Standardlösungen für diese Anforderung gibt. Das ist im Wohnbau besonders riskant, denn hier sind Menschenleben in Gefahr.
Faßbender: Feststellanlagen sind dafür die ideale Lösung. Wenn Brandschutztüren entgegen ihrer Schutzfunktion offen gehalten werden, liegt das oft an einer Nutzungsänderung oder an einer Planung, die sich nicht am Bedarf orientiert. Dieses mechanische Offenhalten liegt ja nicht daran, dass Menschen die Brandschutzvorschrift nicht einhalten wollen, sondern ganz praktisch besser arbeiten können, wenn die Tür eben nicht die ganze Zeit geschlossen ist.
QUOTE: Ein Keil unter einer Brandschutztür ist ein sicheres Indiz für eine nicht bedarfsgerecht ausgestattete Tür.
Besonders hohe Anforderungen an die Türen gelten unter Tage – bei U-Bahn-Stationen. Für die neue Londoner „Elizabeth Line“ ging es nicht nur um Brandschutz, gefordert war hier auch Schallschutz, Druckwiderstand in beide Richtungen und SR3-Sicherheit.
Bild: Teckentrup
Eberl-Pacan: Nehmen wir den Holzbau, denn hier ist es besonders kompliziert. Der Anschluss des FSA erfolgt an einen brennbaren Baustoff. Das geht nur im Zusammenspiel mit den Herstellern – und dann kommt auch die Gestaltung ins Spiel. Die Hersteller sind längst so innovativ, dass sie den Architekten ihre Wünsch erfüllen können.
Klöpfer: Um das aufzugreifen: Auch für den Holzbau gibt es schon geprüfte Lösungen, mit Türen wie mit Toren. Für Sonderfälle – beispielsweise besonders große Türen – haben wir ein eigenes Team, um planerische Vorgaben normgerecht umzusetzen. Zum Punkt Design versus Technik: Wir sehen hier keinen Konflikt, es gibt ein breites Programm für besondere Designansprüche, das auch unter Brandschutzaspekten funktioniert. Die Zeit der Bandprägung im Stil einer „Ölkeller-Tür“ sind doch lange vorbei. Vielmehr gibt es auch für Brandschutztüren elegante, flächenbündige Elemente, die dem aktuellen Trend der Architektur Gesicht geben und auch bei den Farbtönen steht eine sehr breite Palette zur Wahl. Wenn das nicht reicht, passen wir ein Produkt an – mit dem stilvollen Türdrücker oder welche Änderung auch immer gewünscht sein mag.
Optische Vorgaben gibt es übrigens häufig auch im Industriebau – nicht nur im Büro- und Verwaltungsbau. Das ist insofern bemerkenswert, als das hier der Brandschutz zum Teil sehr streng ist.
Eberl-Pacan: Im Neubau ist nachhaltiges Bauen dominant und aktuell wächst dieser Anspruch in die Breite. Da liegt der zukünftige Markt.
Klöpfer: Da sind auch wir als Hersteller gefragt und wir suchen konsequent nach umweltfreundlichen Rohstoffen, um weniger ökologische Stoffe ersetzen zu können, beispielsweise für PU-Schaum oder Mineralwolle. Im Planungsprozess relevante Umwelteigenschaften stellen wir schon heute in standardisierter Form durch Umwelt-Produktdeklarationen zur Verfügung (EPD).
Leider ist die Bereitschaft aber noch nicht sehr hoch, für Nachhaltigkeit auch mehr zu investieren.
Eberl-Pacan: Der Schlüssel zum Erfolg für mehr Nachhaltigkeit kann in der Förderung liegen. Wenn der Staat die Lücke zwischen Wirtschaftlichkeit und Umweltverträglichkeit schließt oder sie zumindest verkleinert, sind die Chancen natürlich besser.
Faßbender: Ich sehe es oft als größten Fehler, dass die Montage-Trupps nicht ausreichend gut geschult sind. Investitionen in Wissen zahlen sich direkt aus: Schneller und vor allem richtig eingebaute Elemente rechtfertigen es sofort, Handwerker gut auszubilden. Der Mangel liegt schon darin, dass sich manche Firmen gar nicht ihrer Verantwortung bewusst sind, die sie mit der Montage von Feuerschutzabschlüssen übernehmen.
Standardfehler gibt es einige: Bauteilöffnungen sind in ihren maximalen Größen überschritten, es wird mit falschen Materialien befestigt oder hinterfüttert. Sogar Schaum statt Mörtel kommt auf Baustellen vor. Im Grunde unverständlich, denn es sollte doch klar sein, dass damit nicht dieselben Brandschutzeigenschaften erreicht werden wie mit einer nichtbrennbaren Hinterfütterung.
Wichtig wäre zudem, die Monteure für die Details zu sensibilisieren – und ein Bewusstsein zu entwickeln, in welcher Haftung der ausführende Betrieb steht. Nochmal: Der wichtigste Hebel zu Ausführungssicherheit ist Ausbildung.
Den Monteuren ist zu raten, bei Zweifeln diese auch deutlich zu artikulieren und im Zweifel ein Element auch erst einmal nicht einzubauen. Beispiel FSA in Trockenbauwand mit Spiegelverschraubung: Hier sollte die Laibung nicht beplankt werden, um den Einbau korrekt durchführen zu können. Leider finde ich in der Praxis genau in solchen Situationen immer auch wieder Flickschusterei.
Eberl-Pacan: Es klafft durchaus eine Lücke zwischen den Vorschriften und dem Qualitätsmanagement für die Ausführung. Da halte ich das Verfahren in der Schweiz für sinnvoller: moderate Anforderungen, aber exzellente Ausführungsorganisation.
Faßbender: Mit der Deutschen Akademie für Türentechnik ist zumindest der Plan gelegt, professionelles Türen-Engineering zu entwickeln. Wir wollen hier die Objekteure und Fachplaner fit machen, die Komplexität des Bauteils in seiner Gesamtheit zu erkennen und sich der Verantwortung bewusst zu werden, die mit dem Einbau eines FSA einher geht. Verantwortung – das kommt ja dann zur Sprache, wenn etwas passiert ist. So weit wollen wir es eben gerade nicht kommen lassen.
Dazu gehört auch die Abstimmung mit den Nachbargewerken, beispielsweis zur RWA. „Fachplaner Tür“ wäre ein wünschenswerter Experte – wie es die ja auch für TGA und andere Gebiete gibt.
Klöpfer: Die Fehlerquellen auf der Baustelle bekommen wir dann zu sehen, wenn es um Reklamationen geht. Hier geht es gar nicht anders, als genau hinzuschauen, denn tatsächlich liegt der Fehler oftmals nicht am Bauteil. Es wäre schon ein Gewinn, wenn die Montage-Anleitung während des Einbaus genauer beachtet werden würde: In diesem Dokument stehen detailliert alle Schritte für diverse konkrete Einbausituationen.
Eine bekannte Fehlerquelle: Erfolgt der Einbau nicht richtig ausgerichtet (bspw. nicht in Waage), entstehen Spalte, die es nicht geben darf. Je größer ein Bauteil, desto deutlicher werden solche Fehler.
Gerade im Bestand ist anzuraten, die Baustelle sehr genau vorzubereiten. Hier gibt es häufig Situationen, bei denen die Bauteilöffnung nicht ganz sauber und rechtwinklig ist. Wenn darauf eine Laufschiene eines Schiebetores ohne geeignete Maßnahmen installiert wird und das Tor klemmt, kann der Brandschutz nicht funktionieren. Wir hatten einen solchen Fall, das Tor ist dann sofort stillgelegt worden.
Natürlich schauen auch wir in der Produktentwicklung kontinuierlich, wie wir die Montage sicherer machen können. Das Ausrichten der Konstruktion ist heute beispielsweise über Justierschrauben wesentlich einfacher und darüber lassen sich kleine Abweichungen bei der Vormontage ausgleichen. Auch die bereits erwähnte Montageanleitung ist bei uns immer wieder ein Thema. Hier geht es auch darum, digitale Formen anzubieten, die sich einfacher bei den einzelnen Montageschritten integrieren lassen. In Zukunft soll zum Beispiel via QR-Code mehr möglich werden, von der Anbauanleitung im Video – an der richtigen Stelle! – bis zur Online-Hilfe in der konkreten Situation durch erfahrene Produkttrainier.
Faßbender: Nochmal zur Ausbildung, warum es so wichtig ist, sich regelmäßig weiterzubilden: Der Fortschritt bei den Türen und den Einbauverfahren ist wie im Automobil-Bau: Ein KFZ-Techniker, der seit den 1990ern nichts mehr dazu gelernt hat, kann heute kein Auto mehr instandhalten oder reparieren. Ähnlich ist es mit Tür und Tor: Wer vor 30 Jahren gelernt und es dabei belassen hat, wird moderne Türsysteme nicht mehr einbauen können.
Faßbender: Das Bewusstsein für die Wartung ist stark gestiegen. Wichtig ist die bewusste Prüfung, dass also nicht einfach eine Plakette aufgeklebt wird, sondern tatsächlich geschaut, gewartet und im Bedarfsfall auch instandgesetzt wird. Da ist die Dokumentation entsprechend wichtig. Das ist gerade im Bestand eine Aufgabe. Auch hier ist die Haftungsfrage nicht aus den Augen zu verlieren.
Eberl-Pacan: Für viele Planer ist es so, dass ein Projekt mit der Übergabe abgeschlossen ist. Gut wäre es dann, wenn die relevanten Unterlagen auch an die Verwaltung gingen. Ein zweiter kritischer Aspekt: Wartungsfirmen bieten oft Verträge mit Minimal-Anforderungen an – um überhaupt einen Wartungsauftrag zu erhalten. Da ist dann nicht immer alles drin. Den Verantwortlichen, insbesondere in der Verwaltung, ist zu raten, jede Wartung sauber zu dokumentieren bzw. dokumentieren zu lassen. Auch hier passt der Vergleich zum Auto: Ohne Zulassung und Wartung wäre das nicht verkaufbar.
Faßbender: Eine gute Einweisung der Wartungsteams, des Betreibers, das ist noch nicht ausreichend umgesetzt.
Eberl-Pacan: Noch ein Aspekt – Nutzungen verändern sich, Zustände verändern sich. In einer Werkhalle ist heute eine viel höhere Brandlast als vor 30, 40 Jahren, weil einfach überall viel mehr Kunststoffe im Einsatz sind. Dadurch ist der Anspruch an den Brandschutz gestiegen. Hier müssen die Betreiber der Immobilien reagieren beziehungsweise das Facility Management diesen Entwicklungen folgen. Allgemein ist es durch Elektro-Geräte überall zu höheren Brandlasten gekommen.
Eberl-Pacan: „Brandschutz made in Germany“ ist schon ein Qualitäts-Anspruch. Das ist eher umgekehrt ein Geschäft: Ausländische Planer sprechen uns an, wenn sie in Deutschland aktiv bauen, um sicher unser Niveau und unsere Normen einzuhalten.
Klöpfer: Absatzmärkte gibt es für uns in ganz Europa. Das UK ist nach dem Brexit schwieriger geworden. Aber mit den richtigen Prüfungen sind auch hier tolle Projekte realisiert worden. Ein Highlight: Die neue U-Bahnstation der Crossrail-Line in London Whitechapel mit den hohen Anforderungen an Brand- und Rauchschutz und an die Fluchtwegsicherung.
QUOTE: Auf der Fahrt zur Baustelle sollten die Mitfahrer statt WhatsApp und TikTok lieber die Einbauanleitung lesen.
Eberl-Pacan: Etwas weniger Bürokratie, dafür etwas mehr Engagement der Verwaltungen.
Faßbender: Die Gespräche zwischen den Baubeteiligten sollten mehr auf Augenhöhe laufen – Planer und Bauleiter sollten mehr Verständnis für die Montageteams entwickeln. Also ein Miteinander: Nicht nur Probleme benennen, sondern diese gemeinsam lösen.
Klöpfer: Eine harmonisierte, standardisierte, vereinfachte, europäische Norm wird leider noch etwas länger dauern. Daher zunächst ein gemeinsames Bewusstsein bei allen Beteiligten für den Brandschutz.
Die Experten:
Dr.-Ing Reinhard Eberl-Pacan
Bild: Thomas Gasparini/brandschutz plus
Dr.-Ing Reinhard Eberl-Pacan hat sich als Architekt auf Brandschutzplanung spezialisiert. Mit seinem Büro „Brandschutzplus“ in Berlin berät er Kollegen und Unternehmen bei der normgerechten Planung von Brandschutzkonzepten. Daneben ist er Fachautor zum Thema in der Architektur- und Baufachpresse und gefragter Redner.
Josef Faßbender
Bild: Faßbender
Josef Faßbender ist öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für das Metallbauhandwerk. Als Gutachter hat er viele Fälle von Montage-Fehlern analysiert und bewertet und kennt daher viele Fehlerquellen auf der Baustelle. Als Seminarleiter schult er Metallbauer im Einbau von FSA.
Dr. Stefan Klöpfer
Bild: Teckentrup
Dr. Stefan Klöpfer leitet den Bereich Entwicklung beim Bauelemente-Hersteller Teckentrup (Verl), welcher auch in verschiedenen Normungsgremien mitwirkt.