Wie wird ein Brandschutzkonzept richtig umgesetzt?
Das Brandschutzkonzept ist fertig – die Schutzziele sind festgelegt. In welcher Form diese erreicht werden können, liegt erstmal in den Händen der Fachplaner. Sie sind für die Ausführungsplanung verantwortlich. Eine Beteiligung des Konzepterstellers an den weiteren Prozessen ist in der Regel nicht vorgesehen. Würde er jedoch dem Planungsteam weiter zur Verfügung stehen, könnte das Brandschutzkonzept einfacher, effektiver und wirtschaftlicher umgesetzt werden.
Fachplaner sagen häufig: „Dazu finde ich keinen Hinweis im Brandschutzkonzept“, „zu diesem Punkt muss der Konzeptersteller Stellung beziehen“, oder auch „das kann ich nur umsetzen, wenn der Konzeptersteller zustimmt“. Hieraus ergeben sich folgende Fragestellungen: Was ist der primäre Zweck eines Brandschutzkonzepts? Welche Punkte müssen in einem Brandschutzkonzept explizit festgeschrieben werden? Wie wird es richtig und zugleich auch wirtschaftlich umgesetzt? Ein Brandschutzkonzept wird auf Basis der Bauantragspläne und dem damit verbundenen Informationsstand erstellt. Es dient in erster Linie dem Erhalt der Baugenehmigung. Deshalb können aber oft nur die zu erfüllenden Schutzziele formuliert und die wesentlichen Eckpunkte fixiert werden. Dem Bauherrn bieten sich so eine möglichst hohe Flexibilität und optimale Kostenausnutzung bei der Verwirklichung seines Bauvorhabens. Mit welchen Brandschutzmaßnahmen die Schutzziele erreicht werden können, liegt im Verantwortungsbereich der Fachplaner.
Sicherer Gebäudebetrieb
Das Brandschutzkonzept ist eine zielorientierte Gesamtbewertung des vorbeugenden und abwehrenden Brandschutzes. Sicherheit steht an erster Stelle. Die erforderlichen Angaben im Brandschutzkonzept und dessen richtige Umsetzung sind Grundvoraussetzung für den sicheren Gebäudebetrieb. Nur so können Schadensfälle vermieden bzw. begrenzt werden. Einfach ist die Umsetzung des Brandschutzkonzepts aber nicht: Bauherren und Architekten fehlen teilweise die notwendigen brandschutztechnischen Zusammenhänge. Schwierig ist zudem, bei den zahlreichen einzuhaltenden Rechtsvorschriften stets den Überblick zu haben. Auch Kosten sind ein Thema: Droht ein erheblicher finanzieller Mehraufwand, führt dies erwartungsgemäß zu Hemmnissen bei der Umsetzung des Brandschutzkonzepts.
Konzeptersteller mit einbeziehen Ein Industriegebäude soll mit einer automatischen Löschanlage ausgestattet werden. Im Brandschutzkonzept ist festgeschrieben, dass das Gebäude – wenn es bspw. als Lagerhalle genutzt werden soll – mit einer für das Lagergut und die Lagerart geeigneten Löschanlage zu versehen ist. Damit ist das grundsätzliche Schutzziel formuliert und festgelegt. Nun nimmt der sachkundige Fachplaner – in diesem Fall für Löschtechnik – seine Arbeit auf. Er besitzt die erforderliche Sachkenntnis, den Bauherrn bzw. Betreiber zu beraten, welche Art von Löschanlage für sein Objekt am besten geeignet ist. Dies kann bspw. eine Sprinkler-, Gaslösch- oder Hochdrucklöschanlage sein. Auch bei diesen konkreten Planungsschritten sollte der Konzeptersteller einbezogen bleiben. Denn er wiederum kennt das Brandschutzkonzept im Detail am besten und hat das Gesamtschutzziel vor Augen. Darüber hinaus verfügt er über Erfahrungen, die er hier einfließen lassen kann.
In der Praxis ist aber eine Beteiligung des Konzepterstellers an der Detailplanung und dem Ausführungsprozess oft nicht vorgesehen. Eine mögliche Ursache dafür könnte sein, dass diese Leistungen in der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) nicht aufgeführt werden. Wäre der Konzeptersteller in den weiteren Ausführungsprozess involviert, könnte u.U. ein effektiveres und wirtschaftlicheres Löschsystem für die Lagerhalle ausgewählt werden. Auch bei der Festlegung von Einzelparametern wäre eine bessere Zusammenführung und Koordination möglich.
Konzept für ein Logistikzentrum
TÜV SÜD Industrie Service wurde mit der Erstellung eines Brandschutzkonzepts für den Neubau eines Logistikzentrums beauftragt. Das Gebäude bei einem Automobilzulieferer sollte in zwei Bereiche untergliedert sein: einen ca. 6.000 m² umfassenden Lager- und Logistikbereich mit einer Zone für Kommissionier-Aufgaben und einer baulich abgetrennten Einheit für ein Zwei-Zonen-Hochregallager mit einer Nutzfläche von ca. 3.800 m². Zudem war ein 270 m² großer vom Logistikzentrum zugänglicher Bereich mit Büro- und Sozialräumen geplant. Auf dem Betriebsgelände sollte das Logistikzentrum direkt an ein Bestandsgebäude angebaut werden. Als bauliche Trennung war eine Brandwand in massiver Bauweise vorgesehen.
Der Automobilzulieferer beauftragte ein Architekturbüro mit der Bauplanung. Bereits zu diesem Zeitpunkt wurde TÜV SÜD Industrie Service als Ersteller des Brandschutzkonzeptes einbezogen und erhielt die ersten Pläne. Der Konzeptersteller erarbeitete ein Eckpunktepapier mit Festlegung der Rechtsgrundlagen und anderen brandschutzrelevanten Aspekten wie bspw. der zum Einsatz kommenden Bauprodukte, Brandmeldeanlagen, Rauchabzugsgeräte, selbsttätig wirkende Löschanlagen (Sprinklerung) und Löschwasserversorgung sowie die Definition von Flucht- und Rettungswegen. In Anbetracht der geänderten Rechtslage bei der CE-Kennzeichnung beschlossen alle Beteiligten, gemeinsam zu entscheiden, welche Bauprodukte Verwendung finden sollten. Das Eckpunktepapier wurde im ersten Schritt intern und anschließend mit der zuständigen Brandschutzdienstelle abgestimmt. Danach wurde das eigentliche Brandschutzkonzept als Bestandteil der Bauantragsunterlagen erstellt.
Auch der Fachplaner für Löschtechnik wurde frühzeitig eingebunden. Seine Entwurfsplanung für eine Sprinkleranlage des Neubaus wurde dem Brandschutzkonzept als Anlage beigefügt. Die mit dem Gebäudeversicherer abgestimmte Entwurfsplanung sah vor, die im Bestand bereits vorhandene Sprinkleranlagen-Wasserversorgung mit einem vom Versicherer zugelassenen Dieselpumpenaggregat entsprechend den hydraulischen Erfordernissen für den Neubau nachzurüsten. Dabei sollte die neue Pumpe Wasser aus dem im Bestand verfügbaren, ausreichend großen Vorratsbehälter fördern. Die im Bestand bereits installierten Pumpen waren auch weiterhin für die Versorgung der Sprinkleranlagen in den vorhandenen Gebäuden vorgesehen. Beide Anlagenteile sollten miteinander verbunden werden, im Normalbetrieb aber mit einem geschlossenen Schieber voneinander getrennt sein. Die Sprinkleranlage für den Bereich des Hochregallagers musste für verschiedene Ebenen und zusätzlich für drei unterschiedliche Varianten der Wechselplatzlagerung ausgelegt sein. Umgesetzt wurde dies mit der Planung von zwölf Deckensprinklern und 14 Regalsprinklern (je sieben in zwei Ebenen). Diese Auslegung ermöglichte zudem die vorgesehene Lagerung von nichtkartonierten Kunststoffen.
Fachübergreifende Zusammenarbeit
Das Beispiel des Logistikzentrum-Neubaus veranschaulicht sehr gut die Bedeutung der „Verzahnung“ der Fachgebiete bei der Umsetzung eines Brandschutzkonzeptes. Wenn es um die Auswahl des richtigen anlagetechnischen Brandschutzes geht, treffen Bauherr bzw. Betreiber und Fachplaner aufeinander. Mit Blick auf die fachübergreifende Zusammenführung der Anforderungen ist es empfehlenswert, ein Brandschutzkonzept in enger Abstimmung mit dem Ersteller umzusetzen. In dieser Phase kann das Brandschutzkonzept fortgeschrieben und weiter konkretisiert werden. Zum Zeitpunkt der Fertigstellung des Bauvorhabens verfügt man dann über ein detailliertes Brandschutzkonzept, das ggf. Ergänzungen oder Anlagen der Fachplaner enthält. Es wird Teil der Gebäudedokumentation und dient als Basis für erforderliche wiederkehrende Prüfungen, bildet aber auch die Grundlage für eventuelle Umbauten oder spätere Nutzungsänderungen.