Ausfall von anlagentechnischen Brandschutzeinrichtungen
Das Gefahrenrisiko keimt schon während der Planung: Einrichtungen für den Brandschutz werden schnell vernachlässigt. Die Wahrscheinlichkeit eines tatsächlichen Brandfalls ist scheinbar gering, somit stehen Systeme und Komponenten des anlagentechnischen Brandschutzes in der betrieblichen Praxis schlichtweg nicht im Fokus. Zudem kann ihnen offiziell keine Produktivität und auch kein Leistungsgrad zugeordnet werden. Der Fachverband Tageslicht und Rauchschutz e.V. (FVLR) weist daher zur Reduzierung der denkbaren Risiken auf die Notwendigkeit einer Brandfallsteuermatrix hin.
Aufgrund der Tatsache, dass in der täglichen Praxis dem Brandschutz – insbesondere dem anlagentechnischen Brandschutz – manchmal zu wenig Bedeutung zugesprochen wird, betont der FVLR die Gefahren und Folgen eines Brandfalls und zeigt auf, dass eine gewerkeübergreifende Brandfallsteuermatrix mögliche Risiken reduzieren kann. Wie wichtig die Schutzmaßnahmen sind, zeigt sich häufig erst im Notfall oder bei der Bewertung möglicher Folgeschäden in einem tatsächlichen Brandfall. Vorkehrungen, die diese Schäden reduzieren oder auch vermeiden können, stoßen häufig auf Missachtung oder geringe Wertschätzung. Doch vor allem im Industriebereich erfordern die strengen Grenzen des baulichen Brandschutzes und die dadurch möglichen Einschränkungen den Einsatz von ergänzenden bzw. zusätzlichen anlagentechnischen Brandschutzmaßnahmen. Die Grenzen, die der bauliche Brandschutz häufig im Industriebereich setzt, können durch den anlagentechnischen Brandschutz durchlässiger oder sogar aufgehoben werden.Insbesondere wenn es Anforderungen gibt, die über die Erfüllung der Mindestanforderungen zur Sicherstellung der Baugenehmigung hinausgehen, kann durch eine konsequente Nutzung von Einrichtungen des anlagentechnischen Brandschutzes eine Vielzahl von Anforderungen abgedeckt werden.
Schlüssiges Konzept sichert ab
Die zusätzlichen Anforderungen gehören aber meist nicht zur Grundlage eines Brandschutzkonzepts. In einer reinen brandschutztechnischen Beurteilung werden die Mindestanforderungen hinsichtlich der baurechtlichen Vorschriften, den Anforderungen der Feuerwehr und der Sachversicherer berücksichtigt. Die Anforderungen, die sich aus der eigenen Verantwortung des Betreibers ergeben, sollten allerdings ebenso Beachtung finden. Für das Erreichen weiterer notwendiger Schutzziele, wie zum Beispiel den Sachschutz (Schutz von Rohmaterialien, Produktionsanlagen usw.), Schutz vor größeren Betriebsunterbrechungen, Ertragsausfällen oder die Verkehrssicherungspflicht kommen erfahrungsgemäß zusätzliche Maßnahmen hinzu. Deshalb müssen die eingesetzten Systeme in Kombination mit den einzelnen Einrichtungen schon bei der Planung optimal abgestimmt werden.
Anlagentechnischer Brandschutz
Neben dem baulichen- und organisatorischen Brandschutz spielt der anlagentechnische Brandschutz eine wichtige Rolle. Dieser hat zwei unterschiedliche Schwerpunkte: Zum einen den Brandschutz in den technischen Einrichtungen und Anlagen der technischen Gebäudeausrüstung, zum anderen den Brandschutz durch technische Einrichtungen und Anlagen. Zum Erreichen der jeweiligen Schutzziele übernehmen in beiden Bereichen die unterschiedlichen Einrichtungen wichtige Schlüsselfunktionen. Dabei ist es irrelevant, ob es sich um eine Brandschutzeinrichtung innerhalb einer technischen Anlage (z. B. eine Brandschutzklappe), oder um eine eigenständige Brandschutzeinrichtung (z. B. eine Brandmeldeanlage – (BMA), eine Löscheinrichtung oder eine Rauch- und Wärmeabzugsanlage (RWA)) handelt. Die sichere Funktion der Systeme ist die Grundlage für das Erreichen der jeweilige Schutzziele.
Um diese sicherzustellen, sollten bei der Auswahl der einzelnen Komponenten und Systeme möglichst alle bekannten und zu erwartenden Umgebungsbedingungen sowie Anforderungen berücksichtigt werden. Die Musterverwaltungs-Vorschrift (MVV TB) gibt beispielsweise für Rauchabzugsanlagen und Rauchabzugsgeräte eine erste Orientierung für die jeweiligen Auswahlkriterien (MVV TB 2020/1- 7.5.1.). Anforderungen wie sie sich beispielsweise aus der erforderlichen Einbaulage, Temperaturbeständigkeit, dem Volumenstrom (MRA), der aerodynamisch wirksamen Öffnungsfläche (NRA), der Dauer des Funktionserhalts oder auch einer möglichen Einwirkung von Schnee, Wind und Umgebungstemperatur ergeben, sind zu berücksichtigen.
Beratung durch Produkthersteller fürs Gesamtsystem
Neben der reinen Festlegung der jeweiligen Anforderungen sollte möglichst frühzeitig auch die Abstimmung mit dem jeweiligen Hersteller gesucht werden. Er kennt die Systeme sowie die möglichen Wechselwirkungen mit den unterschiedlichen Einrichtungen. Diese sind für den Rundumschutz besonders relevant, denn das optimale Zusammenwirken der einzelnen Komponente hängt von deren Zusammenstellung ab. Das zentrale Verbindungsglied, damit alle Systeme und Geräte zusammenarbeiten, ist im Regelfall die Brandmeldeanlage. Informationen der Brandmeldeanlage können an die einzelnen Systeme weitergeleitet werden. Bei einer Rauchabzugsanlage können diese Informationen beispielsweise zur selbsttätigen Auslösung verwendet werden.
Die Brandfallsteuermatrix – ein hilfreiches Tool
Empfohlen wird die Erstellung einer Brandfallsteuermatrix, in der die jeweiligen Systeme, deren Abhängigkeiten sowie die erforderlichen Ansteuerungen dargestellt werden. Zusätzlich sollte die Matrix auch eventuelle Wechselwirkungen der unterschiedlichen Einrichtungen beinhalten. So können mögliche Grenzen und Folgen aus Ausfällen oder Wechselwirkungen bereits bei der Planung sowie Projektierung der Systeme festgestellt werden. In diesen Fällen sollten passende Ersatzmaßnahmen bereits in der Planungsphase festgelegt werden. Die Matrix, die auf Basis des Brandschutzkonzeptes erstellt wird, sollte Bestandteil jeder objektspezifischen Brandschutzplanung sein. Als wichtigsten Inhalt gibt sie vor, was im Brandfall passieren muss und welche Vorgänge automatisch zu starten sind. Gewerkeübergreifend muss festgelegt sein, welche Funktionen aktiviert und welche Schutzvorrichtungen geöffnet, geschlossen und was signalisiert werden muss.
Ersatzmaßnahmen müssen berücksichtigt werden
Ersatzmaßnahmen bei Ausfall oder Störung einzelner Komponenten oder Systeme sollten gleichfalls in der Brandfallsteuermatrix berücksichtigt werden. Sind keine Ersatzmaßnahmen festgelegt, müssen diese im Bedarfsfall häufig erst mit Feuerwehr, Sachversicherung, Behörden usw. abgestimmt werden. Bis die Maßnahmen dann tatsächlich greifen vergeht unnötig Zeit. Fehlt eine zentrale Brandfallsteuermatrix, erfolgt die Ansteuerung und Aktivierung der einzelnen Gewerke häufig ohne Abstimmung mit den unterschiedlichen Systemen. Eine Brandfallsteuermatrix kann auch dabei helfen, ob ein Brandschutzkonzept grundlegend schlüssig ist oder ob einzelne Gewerke vor- oder nachrangiger berücksichtigt wurden. Mögliche Störungen, Fehler oder sogar Ausfälle können in solchen Fällen im Vorfeld nie sicher beurteilt werden. Ausfälle von Anlagen oder Komponenten des anlagentechnischen Brandschutzes bergen immer gewisse Gefahren, insbesondere wenn mögliche Risiken nicht bereits im Brandschutzkonzept eingeplant wurden. Eine Brandfallsteuermatrix, die – sowohl gewerkeübergreifend als auch durchgängig und konstant – geführt wird, kann verbunden mit einer qualifizierten Wartung und Einrichtungen der Anlagen diese Risiken erheblich reduzieren.