Baulicher Brandschutz im Zusammenspiel mit Sprinklern und Löschanlagen

Gesetzliche Grundanforderungen

Bei der Errichtung von stationären Löschanlagen gibt es an einigen Stellen Berührungspunkte zum baulichen Brandschutz, dessen Anforderungen erfüllt werden müssen. In dem Beitrag wird dargestellt, welche Grundanforderungen im baulichen Brandschutz zu beachten sind. 

Grundlegende Schutzziele werden in § 3 und § 14 der Musterbauordnung definiert. So dürfen bauliche Anlagen, wenn sie errichtet, geändert oder instandgehalten werden, die öffentliche Sicherheit und Ordnung nicht gefährden (§3). In § 14 wird dies dann auf die Brandschutzanforderungen ausformuliert.

§ 14 (MBO)

Bauliche Anlagen sind so […] zu errichten […], dass der Entstehung eines Brandes und der Ausbreitung von Feuer und Rauch (Brandausbreitung) vorgebeugt wird und […] Rettung von Menschen sowie wirksame Löscharbeiten möglich sind.

Darauf aufbauend werden dann in
der praktischen Umsetzung in Abhängigkeit der einzelnen Gebäudeklassen differenzierte Brandschutz­anforderungen gestellt. Für die Erfüllung gibt es grundsätzlich drei Möglichkeiten.

Nachweis durch normative Brandprüfungen

Die für den Anwender einfachste und meist verbreitete Methode ist der Nachweis durch normative Brandprüfungen. National war dies in Deutschland jahrelang ausschließlich die DIN 4102 mit ihren einzelnen Teilen, beispielsweise der Teil 11 für Rohrdurchführungen und Installationsschächte- und Kanäle, der immer noch relevant ist. Ergebnis normativer Brandprüfungen sind Klassifizierungen der geprüften Abschottungen. In Deutschland gibt es für die jeweiligen Produkte unterschiedliche Buchstaben. So steht R für Rohrabschottungen, I für Installationsschächte- und kanäle usw. In Abhängigkeit von der erreichten Zeit, in der die gestellten Anforderungen erfüllt werden, unterteilt man in unterschiedliche Klassen (z.B. R30, R60, R90). In Deutschland werden auf diesen Klassifizierungen dann baurechtliche Verwendbarkeitsnachweise von unterschiedlichen Stellen (Prüfstellen: Allgemeine bauaufsichtliche Prüfzeugnisse z.B. bei Rohrabschottungen für nichtbrennbare Rohre, DIBT: Allgemeine bauaufsichtliche Zulassungen bzw. zukünftig Allgemeine Bauartengenehmigungen) erteilt.

Zustimmung im Einzelfall

Bei dem zweiten Weg wird für das konkrete Bauvorhaben bei der zuständigen obersten Baubehörde eine Zustimmung im Einzelfall beantrag. Hierzu muss dokumentiert werden, wie die gestellten Schutzziele erfüllt werden. Dies muss nicht zwingend mit klassifizierten Bauprodukten erfolgen. In der Regel wird hier zusätzlich ein Gutachten einer anerkannten Prüfstelle notwendig, die diese Konstruktion auf ihre brandschutztechnische Erfüllung hin bewertet.

Nachweis durch rechnerische Verfahren

Die dritte Möglichkeit ist der Nachweis durch rechnerische Verfahren. Gerade bei speziellen architektonischen Sonderbauten wird diese Möglichkeit immer mehr in Anspruch genommen. In der Brandschutz-Fachwelt nimmt dieser Bereich einen eigenen Raum ein.

Baurechtliche Grundlagen: Was hat sich seit 2016 geändert?

Aufgrund eines EU-Klageverfahrens dreier Hersteller von Brandschutzprodukten wurde in 2016 eine neue Musterbauordnung eingeführt. Die wesentlichen Änderungen sind, dass

Kein Ü-Kennzeichen bei CE-gekennzeichneten Produkten angebracht werden darf

Deutschland sich verpflichtet, die 2013 in Europa eingeführte Bauproduktenverordnung (EU-BauPVO) zu beachten

zukünftig Bauartengenehmigungen erteilt werden

Technische Konkretisierungen der Musterbauordnung (MBO) seit 2017 neu in der Musterverwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen (MVV TB) durch das DIBt (Deutsche Institut für Bautechnik) veröffentlicht wird

Sonderanforderungen von Deutschland an eingeführte harmonisierte Produktnormen in bauwerksbezogene Anforderungen festgeschrieben sind, um nicht gegen EU-Recht zu verstoßen

Häufige Schnittstellen in der Praxis

Die meisten Berührungspunkte zwischen Sprinkler- und Löschanlagen mit dem baulichen Brandschutz sind, wenn

nichtbrennbare Rohre durch Wände mit Brandschutzanforderungen geführt werden bzw. Brandabschnitte queren,

elektrische Leitungen (einzeln oder im Bündel) durch Wände mit Brandschutzanforderungen geführt werden,

Brandschutzklappen in Zentralen für Gaslöschanlagen als Überströmöffnungen eingebaut werden.

In diesem Beitrag werden schwerpunktmäßig mögliche Vorgehensweisen bei nichtbrennbaren Rohrdurchführungen dargestellt.

Rohrdurchführungen nach den Erleichterungen der MLAR

Die Musterleitungsanlagenrichtlinie (MLAR) wurde 1988 erstmalig erstellt. Man wollte mit dieser Technischen Baubestimmung dem Anwender einfache Umsetzungsregeln für die Erfüllung brandschutztechnischer Anforderungen bei Leitungsanlagen (Rohre, Kabel) an die Hand geben. Die MLAR hat im Laufe der Jahre einige Überarbeitungen erfahren. Sie muss von jedem Bundesland eingeführt werden. Die aktuelle MLAR (Redaktionsstand 05.04.2016) ist mittlerweile in fast allen Bundesländern eingeführt. Für nichtbrennbare Rohre sind hier einige „Erleichterungen“ festgeschrieben, wie bei der Leitungsdurchführung bei Wänden mit Brandschutzanforderungen vorzugehen ist.

Randbedingungen MLAR für sprinklerrelevanten Rohrleitungen (einzelne nichtbrennbare Rohrleitungen ohne Dämmung nach Abschnitt 4.3. MLAR:

Rohraußendurchmesser ≤ 160 mm

Mindestbauteildicken Wand/Decke: 60 mm Feuerhemmend (F30), 70 mm Hochfeuerhemmend (F60), 80 mm Feuerbeständig (F90)

Restspaltverschluss mit nichtbrennbaren Baustoffen (z. Bsp. Mörtel), Mineralfasern (Restspaltbreite ≤ 50 mm), aufschäumenden Baustoffen (Restspaltbreite ≤ 15 mm)

Abstandsregeln der Leitungen untereinander: mindestens gleicher Durchmesser

Kennzeichnungsschild muss nicht ausgestellt werden!

Die Rohrabhängungen und deren Befestigungen werden nicht berücksichtigt

Sämtliche Vorgaben sind einzuhalten.

Wird eine Rohrdurchführung nach diesen Vorgaben verschlossen, ist man in Übereinstimmung mit dem geltenden Recht, erhält jedoch keine klassifizierte Abschottung. Dies wird in der Praxis oft falsch verstanden. Jeder in der Brandschutzwelt weiß, dass ein nichtbrennbares Rohr ohne Dämmung mit einem Rohraußendurchmesser ≤ 160 mm, welches durch eine 80 mm dicke Massivwand ohne Brandschutzmaßnahme vermörtelt hindurchgeführt wird, die Anforderungen an klassifizierte Abschottungen (Temperaturerhöhung auf der feuerabgewandten Seite darf nicht höher als 180 K sein) nicht erfüllt. Dies war den Entscheidungsträgern bewusst, es ist ein akzeptiertes Risiko vom Staat. Deshalb ist es auch besonders wichtig, dass sämtliche Randbedingungen eingehalten werden. Eine Abweichung ist nicht zulässig.

In der Praxis wird bei kleinen Sprinklerzentralen einzelne Rohrleitungen bis Rohraußendurchmesser ≤ 160 mm die MLAR oft angewendet. Die Vorteile liegen auf der Hand. Man konzentriert sich ausschließlich auf die Durchführung, muss keine umfangreichen (teilweise über 100 Seiten) Verwendbarkeitsnachweise durchlesen, Dokumentationen und Übereinstimmungserklärungen müssen nicht erstellt werden.

Klassifizierte Rohrdurchführungen mit Verwendbarkeitsnachweis

Bei großen Sprinkleranlagen kommen oft Rohrleitungen mit Außendurchmessern > 160 mm zum Einsatz, die darüber hinaus sehr geringe Abstände zueinander und zu anderen Durchführungen aufweisen. Jetzt gibt es keine Alternative mehr, es müssen Rohrabschottungen nach Verwendbarkeitsnachweis errichtet werden. In Deutschland ist dies für nichtbrennbare Rohrleitungen in der Regel das Allgemeine bauaufsichtliche Prüfzeugnis (AbP). Schon ist man in einer anderen, teilweise sehr formellen Brandschutzwelt! Übereinstimmungserklärungen müssen bei allen Abschottungen ausgestellt werden. Bei allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassungen bzw. Bauartgenehmigungen müssen auch noch Kennzeichnungsschilder an der Durchführung angebracht werden. Technisch kommen Streckenisolierungen/ durchgängige Isolierungen unterschiedlicher Art gerne in Verbindung mit intumeszierenden Ban­dagen zum Einsatz. Auch hier müssen die Einbaubestimmungen vollständig beachtet werden! Folgende Randbedingungen müssen vor Erstellung der Rohrabschottungen abgeklärt und beachtet werden:

Rohrwerkstoff

Rohrwandstärke

Isoliertypen (z. Bsp. Mineralwolle, Synthesekautschuk, Polyurethan)

Isolierproduktnamen

Isolierdicke, Isolierlänge

Abstand der 1. Abhängung

Ist die Befestigung der Rohrleitung im gesamten Abschnitt „brandsicher“?

Sind Dübel mit Brandschutznachweis verwendet worden, sind die zulässigen Zugspannungen der Abhängungen eingehalten worden? Vorgabe 6 N/mm2 bei 90 oder 120 min nach DIN 4102-4?

Die Übereinstimmungserklärung des Errichters und die Haftung

Wer Rohrabschottungen nach Verwendbarkeitsnachweis „errichtet“, trägt eine große Verantwortung. Es muss abschließend eine Übereinstimmungserklärung ausgestellt werden, in der erklärt wird, dass die Rohrabschottungen entsprechend dem Nachweis hergestellt worden sind. Diese Erklärungen haben es in sich. Kommt es zu einem Schadensfall, haftet der Errichter, wenn ihm nachgewiesen wird, dass er abweichend von den Vorgaben eingebaut hat.

In der Praxis ist dies auch gar nicht so einfach. Oft sind die Kernlochbohrungen zu klein, man hat so gut wie keinen Arbeitsraum zwischen Rohrdurchführung und Bauteillaibung, dass man die geforderte Isolierdicken aufbringen kann. Leitungen mit großen Durchmessern liegen relativ dicht beieinander.

Können Vorgaben des AbP nicht eingehalten werden, sollte frühzeitig der Hersteller der Rohrabschottung angesprochen werden, um den Sachverhalt zu bewerten. In der Praxis der Autorin als Brandschutzsachverständige eines Herstellers von Rohrabschottungen bis DN 800 gibt es kaum Bauvorhaben von Sprinklerzentralen, wo die verbauten Rohrabschottungen des Typs „Pyrostat Uni“ ohne Abweichung eingebaut werden. Wird der Hersteller vor Planungsbeginn mit einbezogen, hält sich der Aufwand in der Regel in Grenzen. Auf jeden Fall müssen die konkreten Einbaubedingungen bewertet werden, ggf. Kompensationsmaßnahmen festgelegt werden. Dies alles wird in einer Herstellererklärung dokumentiert bzw. eine „Nicht Wesentliche Abweichung“ zu den Einbaubestimmungen des o.a. AbP erklärt. Dann kann abschließend durch den Errichter guten Gewissens eine Übereinstimmungserklärung ausgestellt werden.

Fazit

Die Umsetzung von Brandschutzanforderungen nach den Erleichterungen der MLAR ist einfach anwendbar, hat jedoch klare Grenzen. Die Umsetzung von Brandschutzanforderungen nach Verwendbarkeitsnachweis setzt einen gewissen Sachverstand voraus, viele Aspekte müssen beachtet werden. Der Errichter haftet durch Ausstellen der Übereinstimmungserklärung, bei Unsicherheiten sollte eine Fachfirma beauftragen. Aus Gründen des Anlagenschutzes sollten bei größeren Sprinklerzentralen immer Rohrabschottungen mit Verwendbarkeitsnachweis verbaut werden.

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