Feuerbeständige Kabel als vorbeugender Brandschutz
Laut Bundesamt für Statistik sind in Deutschland bereits seit Jahren die meisten Brände auf elektrische Anlagen und Geräte – und alles, das damit zusammenhängt – zurückzuführen. Für höhere Standards im Bauwesen sollen Normen und Prüfvorschriften für Kabel sorgen. Kennzeichnungspflichten gewährleisten, dass diese Sicherheit auch in der Praxis ankommt.
Strom-, Steuer- und Kommunikationskabel in Bauwerken fallen seit 1. Juli 2017 unter die EU-Norm 50575 der Bauproduktenverordnung (Construction Products Regulations, CPR). Damit definierte die EU erstmals einheitliche Regelungen für Brandklassen (darunter Cca und B2ca) und Prüfmethoden für Kabel und Leitungen in Gebäuden und Bauwerken. Der europaweite Standard 50575 fordert den Einbau von Kabeln mit optimierten Brandeigenschaften – eine Präventivmaßnahme, die die Brandsicherheit erhöht. Die Norm zum erweiterten Anwendungsbereich (Extended Field of Application Rules, EXAP) und die verpflichtenden Testungen EN 50399 und EN 60332-1-2 sind essenziell für die erforderliche CE-Klassifizierung von verbauten Kabeln. Nur so können Kabel CPR-konform in Gebäuden eingesetzt werden.
Mängel bei der regelmäßigen Prüfung
Im Jahr 2020 stellten Kabelbrände die häufigste Brandursache dar. In privaten Gebäuden sind Prüfung und Wartung der Verkabelung nicht vorgeschrieben, weshalb sie auch nicht standardmäßig durchgeführt werden. Hier gibt es im Gegensatz zum gewerblichen Sektor keine Verpflichtung, elektrische Geräte periodisch einer Prüfung nach den im gewerblichen Bereich gültigen DIN VDE Normen zu unterziehen. Vorbeugende Brandschutzmaßnahmen wie regelmäßige Wartung sind jedoch ein wirksames Mittel zur Prävention. Sie erhöhen die Sicherheit und begrenzen den Schaden. Wesentliche Faktoren der Prävention sind außerdem Brandverhalten und Feuerwiderstand der eingesetzten Baumaterialien. Daher gilt in diesem Feld seit Juli 2013 verbindlich für alle EU-Staaten die Bauproduktenverordnung (Construction Products Regulation, CPR). Sie enthält Vorschriften zu den Brandeigenschaften der in Bauwerken verwendeten Produkte. Seit Juli 2017 fallen darunter auch fest installierte Kabel und Leitungen. Sie leisten einen wichtigen Beitrag zur Brandsicherheit in Gebäuden.
Brandschutzkabel erhöhen die Sicherheit
Die CPR vereinheitlicht alle unterschiedlichen nationalen Regulierungen bezüglich der Brandeigenschaften von Bauprodukten in der EU. Die Vorschriften der CPR gehen mit einem umfangreichen Zertifizierungssystem einher. Dieses stellt sicher, dass nur zugelassene Produkte am Bau Verwendung finden. Die CPR gilt für alle Produkte oder Bausätze, die dauerhaft in Bauwerken oder Teilen davon eingebaut sind. Seit 1. Juli 2017 zählen hierzu auch fest installierte Kabel und Leitungen. Genauer gesagt fallen sie unter die harmonisierte Norm hEN 50575, die sich an die CPR angliedert. Die Europäische Kommission und der Europäische Gerichtshof definieren Kabel dann als Bauprodukt im Sinne der CPR, wenn diese nur durch Bauarbeiten entfernt werden können.
Angepasste Brandschutzklassen
Der einheitliche EU-Standard hEN 50575 regelt die Brandklassifizierung sowie Prüfmethoden für Kabel zur Verlegung in Bauwerken. Die bisherigen Brandklassen für Kabel und Leitungen A1, A2, B1, B2 und B3 wurden durch sieben neue Klassen ersetzt: Aca, B1ca, B2ca, Cca, Dca, Eca und Fca, wobei „ca“ für „cable“ steht. Die Bedeutung der Großbuchstaben reicht von unbrennbar (Aca) und schwer entflammbar (B1ca, B2ca, Cca) über normal entflammbar (Dca, Eca) bis leicht entflammbar (Fca). Weitere Anforderungen/Brandeigenschaften wie Rauchentwicklung (s), Azidität bzw. Halogenfreiheit (a) und brennendes Abtropfen (d) sind durch jeweils drei ergänzende Klassifizierungen festgehalten / abgebildet.
Einordnung der Leistungsklassen und Produktlösungen
Die Anforderungen an präventiven Brandschutz steigen und somit auch die Ansprüche an die eingesetzten Kabel. Zertifizierte Produkte für die Leistungsklassen B2ca und Cca, die hohe oder sehr hohe Brandschutzanforderungen bedienen, bekommen immer mehr Aufmerksamkeit. Kabelhersteller fokussieren sich daher zunehmend auf ein breites Produktportfolio, das diesen wachsenden Ansprüchen standhalten kann – so auch die Prysmian Group mit ihrer Business Unit Multimedia Solutions und den spezialisierten Lösungen von Draka. Aus der neuen Verordnung resultiert eine vollständige Palette an Cca- und B2ca-zertifizierten Produkten für den Einsatz im Innen- und Außenbereich.
Je nach Sicherheitsbedarf eines Gebäudes empfiehlt die CPR den Einsatz von Kabeln und Leitungen mit entsprechenden Brandeigenschaften. So rät sie für Gebäude mit sehr hohem Sicherheitsbedarf (z. B. in Krankenhäusern, Kindertagesstätten) und für Rettungswege zu einem Einsatz von Kabeln der Klasse B2ca. Für Gebäude mit hohem Sicherheitsbedarf (z. B. in Verwaltungs- und Bürogebäuden) sieht sie den Einsatz von Kabeln der Klasse Cca vor. Auf diese Weise lassen sich die Festlegungen der EN 50575 auf praktische Weise zur Sicherstellung des Brandschutzes nutzen.
CE-Kennzeichnung und Leistungserklärung
Um die Qualität der Kabel sicherzustellen, dürfen Kabelhersteller nur Produkte verkaufen, die eine CE-Kennzeichnung und Leistungserklärung (Declaration of Performance, DoP) aufweisen. Sie muss gut sichtbar und leserlich sein, sowie dauerhaft auf den Produktetiketten angebracht und auf Ringen, Spulen oder Trommeln befestigt sein. Zusätzlich müssen die Hersteller auf der Verpackung, dem Etikett oder den Begleitpapieren Herkunft, Beschreibung und Brandverhaltensklasse angeben, um der CE-Kennzeichnung vollständig zu entsprechen.
Daneben verpflichten sie sich, eine Leistungserklärung zu erstellen, die die Leistungen der wichtigen Produkteigenschaften umfasst. Die Bewertung und Beschreibung dieser Eigenschaften erfolgen in ganz Europa auf einheitlicher Basis. Dadurch ist ein Produktvergleich unabhängig vom Produktionsstandort möglich. Die Leistungserklärung enthält außerdem Informationen zur Verwendung des Produkts, zum Hersteller und darüber, ob eine externe Stelle in die Fertigungskontrolle eingebunden wurde. Erst nach erfolgreicher Prüfung und Ausstellung einer Leistungserklärung bekommt ein Produkt eine CE-Kennzeichnung.
Verbindliche Testung für die CE-Markierung
Die Klassifizierung für Kabel gemäß CPR erfolgt durch normierte Testungen. Die Norm zum erweiterten Anwendungsbereich (Extended Field of Application Rules, EXAP) verringert den Prüfaufwand für die CE-Markierung enorm. Denn die EXAP-Norm CLC/TS 50576 ermöglicht, eine begrenzte Kabelanzahl, die zu einer größeren Produktfamilie von Kabeln gehört, einer gemeinsamen Brandprüfung zu unterziehen. Die Prüfungsergebnisse werden für die Klassifizierung eines Teils oder der gesamten Kabelfamilie interpoliert. Dadurch ist es nicht mehr nötig, jedes einzelne Kabel einer Kabelfamilie, bei denen das gleiche Brandverhalten zu erwarten ist, separat zu prüfen. Die CE-Kennzeichnung setzt in den meisten Fällen EXAP voraus. Hierfür müssen Kabelhersteller die in ihrem EXAP-Bericht spezifizierten Kabel entsprechend testen: Die Standards EN 50399 und EN 60332-1-2 sind verpflichtend. Die EN 50399 umfasst den etabliertesten und gängigsten Kabeltest. Er misst Flammenausbreitung (FS), Rate der Wärmeabgabe (HRR), gesamte Wärmeabgabe (THR), Fire Index Growth Rate (FIGRA), Rauchentwicklungsrate (SPR) und Gesamtrauchentwicklung (TSP). Die Fourier Transform Infrared Spectroscopy (FTIR) ermittelt toxische Gasspezies. Der zweite obligatorische Test ist nach EN 60332-1-2. Hier wird ein einzelnes Kabel einer 1 kW Flamme ausgesetzt und dabei die Länge des verbrannten oder verkohlten Kabelanteils gemessen.
Norm erhöht Brandsicherheit
Die verpflichtende Einhaltung der EU-Norm 50575 der Bauproduktenverordnung ist ein wichtiger Schritt in Richtung höhere Brandsicherheit. Kabel können Brände sowohl mitverursachen als auch weiterleiten. Infolgedessen müssen sie so beschaffen sein, dass sie die Ausbreitung von Feuer begrenzen und hemmen, bspw. durch die Reduzierung von Flammenausbreitung, Wärmefreisetzung, brennenden Tropfen oder Rauch- und Gasentwicklung. Auf der anderen Seite ist die Flammwidrigkeit von Kabeln eine wichtige Voraussetzung, damit diese weiterhin dafür sorgen können, dass überlebenswichtige Systeme auch im Brandfall funktionieren.
Am Markt stehen qualitativ hochwertige Kabelprodukte namhafter Kabelhersteller bereit, die einen hohen Brandschutz gewährleisten und für Verkabelungsinfrastrukturen in Gebäuden entsprechend geeignet sind.